Pro Oriente
Unser Stifter

Kardinal Dr. Franz König

Das Vermächtnis des Brückenbauer-Kardinals

Kardinal Koenig

Kardinal Franz König (1905-2004), langjähriger Erzbischof von Wien und Gründer von PRO ORIENTE, bleibt als großer Mann des Dialogs und Brückenbauer in lebendiger Erinnerung. Auf Grund seiner breit angelegten Studien, besonders der nicht-christlichen Religionen, verfügte Franz König schon als Student über eine außergewöhnliche religiöse Offenheit und Aufgeschlossenheit.

Die Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils war für König der Höhepunkt seines bischöflichen Wirkens. Er hat das Konzil in wesentlichen Teilen mitgeprägt und einige der großen Dokumente mitgestaltet (etwa die Erklärungen über die Kirche „Lumen gentium“, über die Kirche in der Welt von heute „Gaudium et spes“, die Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen „Nostra Aetate“ sowie das Dekret über den Ökumenismus „Unitatis Redintegratio“).

Wiederherstellung der Einheit der Christen

Im Ökumenismus-Dekret „Unitatis Redintegratio“ wird festgestellt: „Die Einheit aller Christen wiederherstellen zu helfen, ist eine der Hauptaufgaben des Zweiten Vatikanischen Konzils. Denn Christus, der Herr, hat eine einige und einzige Kirche begründet" (UR 1). Als am 21. November 1964 mit der überwältigenden Mehrheit von 2.137 Ja-Stimmen bei nur 11 Nein-Stimmen dieses Dekret verabschiedet wurde und sich so die Türen zu den anderen christlichen Konfessionen weit öffneten, gründete König in Wien die Stiftung PRO ORIENTE. Sie sollte ein Markenzeichen für den ökumenischen Dialog mit den Kirchen der Orthodoxie und den orientalisch-orthodoxen Kirchen werden. In den folgenden zwei Jahrzehnten gelang es König, ein Netzwerk zu den Kirchen des Ostens aufzubauen. Er besuchte selbst die meisten Oberhäupter der orthodoxen und orientalisch-orthodoxen Kirchen und lud sie nach Wien ein. Als Protektor von PRO ORIENTE hat Kardinal König die Stiftung auch nach seiner Emeritierung bis zu seinem Heimgang am 13. März 2004 mit wachem Interesse und väterlichem Rat begleitet. Dem damaligen Metropoliten von Wien des Ökumenischen Patriarchats, Michael (Staikos), sagte er bei dessen letztem Besuch am 11. März 2004, zwei Tage vor seinem Tod: „Sage den Menschen, die Ökumene muss weitergehen.“ Dem Auftrag, im Dialog gemeinsam weiter zu gehen, fühlt sich PRO ORIENTE auch über den Tod von Kardinal König hinaus weiterhin verpflichtet.

Wiederannäherung zwischen West- und Osteuropa

Aufgrund der geographischen und historischen Lage Wiens sah es König ab den 1960er Jahren als besondere Aufgabe des Wiener Erzbischofs, die Isolation der Kirche hinter dem Eisernen Vorhang zu überwinden und eine Wiederannäherung mit den Kirchen des christlichen Ostens zu erreichen. König war überzeugt, dass Österreich eine „Verbindungs- und Brückenfunktion besonderer Art“ zu erfüllen habe, und dass die christlichen Kirchen viel zu einer Annäherung zwischen Ost- und Westeuropa beitragen können. Ermutigt durch Papst Johannes XXIII. unternahm er zahlreiche Besuche in fast allen Staaten, die zum damaligen „Warschauer Pakt“ gehörten, und führte damit eine Wende in der „Ostpolitik“ des Vatikans herbei. So reiste König im April 1963 als erster Kardinal des Westens nach Budapest, um dort die Ausreise Kardinal Mindszentys zu erwirken. Mit seinem Besuch beim Ökumenischen Patriarchen Athenagoras I. in Istanbul im Jahr 1961 ebnete er den Weg für die historischen Begegnung mit Papst Paul VI. 1964 in Jerusalem.

Die in „Nostra Aetate“ festgeschriebene Neuorientierung der Christen gegenüber dem Judentum war König ein wichtiges Anliegen. Er war davon überzeugt, dass der Dialog mit den anderen christlichen Kirchen erst dann zur Blüte kommen könne, wenn zuvor „das Verhältnis zum Judentum geklärt und bereinigt“ sei. Ähnlich wie für Papst Johannes Paul II. war für ihn die jüdische Religion nicht etwas „Äußerliches“, sondern gehörte in gewisser Weise zum „Inneren“ des Christentums. Die Israelitische Kultusgemeinde Wien ehrte König für diese Haltung und zahlreiche damit verbundene Verdienste als „wahren Freund“.

Als erster katholischer Würdenträger besuchte er im Mai 1965 die Al-Azhar Universität in Kairo, wo er einen vielbeachteten Vortrag über „Monotheismus in der heutigen Welt“ hielt. Er sprach über Gemeinsamkeiten, die Christentum und Islam in der Argumentation gegenüber dem Atheismus verbinden, und plädierte über die geforderte Toleranz hinaus für eine „positive Zusammenarbeit auf religiösem, sittlichem und insbesondere auf sozialem Gebiet“.

Aufgrund seines unermüdlichen Einsatzes gilt Kardinal König heute als ein Pionier nicht nur des innerchristlichen, sondern auch des interreligiösen Dialogs, und als Wegbereiter für bahnbrechende historische Initiativen Papst Johannes Pauls II., wie das Friedenstreffen der Religionen in Assisi 1986 sowie die ersten Besuche eines Papstes der Neuzeit in einer Synagoge (Große Synagoge in Rom, April 1986) und in einer Moschee (Omayyaden-Moschee in Damaskus, Mai 2001).