Experte: Papst setzt auf Theologie der "entwaffnenden Sprache"
06. December 2025
Kommunikationsverantwortlicher im Synoden-Generalsekretariat, Bonaventura, in neuem PRO ORIENTE-Blog-Beitrag: Leo XIV. entwickelte von Beginn seines Pontifikats an einen ganzheitlichen Ansatz der Friedenstheologie, der bereits bei alltäglichen Verständigungsprozessen ansetzt.
Wien, 6.12.2025 (poi) Die Bewahrung bzw. Herstellung des Friedens steht von Beginn seines Pontifikats an ganz oben auf der Agenda von Papst Leo XIV. Dabei setzt Leo auf ein Konzept "entwaffnender Sprache", in dem er eine Chance sieht, angemessen und "bemerkenswert vorausschauend" auf die Krisen der Gegenwart - von Hate speech über Polarisierungen und sprachliche Gewalt in der digitalen Welt - zu reagieren. Skizziert hat dieses Programm der Kommunikationsverantwortliche im Generalsekretariat der Synode, Thierry Bonaventura, in einem neuen Blog-Beitrag im PRO ORIENTE-Blog "Healing of Wounded Memories".
Einen ersten Akzent habe Leo bereits kurz nach seiner Wahl zum Papst im Mai 2025 gesetzt, als er angesichts des "Krieges der Worte" von einem "unbewaffneten und entwaffnenden Frieden" sprach. Gegenüber Journalisten brachte er es wenig später in der Formulierung auf den Punkt: "Lasst uns die Worte entwaffnen - und wir helfen damit, die Welt zu entwaffnen". Schließlich könnten auch Worte verletzen und töten - nicht nur Waffen.
Leo habe diesen Grundgedanken, der nicht zuletzt in der augustinischen Theologie wurzle, in insgesamt drei Schritten entwickelt, führt Bonaventura in seinem Blog-Beitrag aus. Der initialen Phase der Ideenentwicklung im Frühling folgte eine Fokussierung auf Fragen der digitalen Welt, insbesondere auf Gefahren der Digitalität. Einen vorläufigen Höhepunkt dieser Konzeptentwicklung habe schließlich das Apostolische Schreiben "Neue Landkarten der Hoffnung entwerfen" von Papst Leo XIV. aus dem heurigen Oktober dargestellt, in dem er seine Theologie der "entwaffnenden Sprache" in einen größeren bildungstheoretischen Kontext stellte.
Bei all dem beharre Leo auf dem Primat der Praxis - es gehe nicht um eine "abstrakte Theologie", sondern um einen Ansatz, der Bildungseinrichtungen, Medienhäuser und digitale Plattformen auffordert, ihre Sprachformen und -verwendung und deren Gewaltgehalt zu überdenken. Dem aggressiven Grundton der Sozialen Medien hält Leo eine "fügsame Sanftmut" entgegen, so Bonaventura. Seine Vision bestehe schließlich darin, dass "wahre Stärke nicht in der verbalen Dominanz" bestehe, sondern in der "Verletzbarkeit des Zuhörens und des Mutes, die Wahrheit auszusprechen".
Der pragmatische und direkte Zugang des Papstes, der auf komplexen theologischen Jargon verzichte, sei letztlich für jede und jeden versteh- und nachvollziehbar, so Bonaventura. So könne dieser "holistische Ansatz" einer "entwaffnenden Sprache" letztlich zu einer Entwaffnung der Welt als solcher beitragen: "Leo zeigt damit auf, dass friedvolle Kommunikation einem friedvollen Herzen entspringt; dass authentische Worte einem authentischen Leben entspringen - und dass die Transformation der Sprache mit einer Transformation des Sprechenden einhergeht."
Bonaventura war einer der Referenten bei der jüngsten großen PRO ORIENTE-Konferenz "Healing Wounded Memories: The Responsibility of Churches to Heal", die vom 13. bis 16. November in Wien stattfand. Bonaventura nahm an einem Panel im Rahmen einer Session am 15. November unter dem Titel "Hate Speech and the Need to Disarm the Language" teil. Für die Konferenz waren 70 Teilnehmende aus 25 Ländern nach Wien gekommen, darunter Geistliche und Laien sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen und Arbeitsfeldern.
Ein Kurzfilm mit Impressionen der Konferenz ist auf dem YouTube-Kanal von PRO ORIENTE abrufbar: https://youtu.be/plQjX-wsU_o
BLOG-Beitrag von Thierry Bonaventura unter dem Titel "Pope Leo XIV's Theology of Disarming Language": www.pro-oriente.at/blog/pope-leo-xivs-theology-of-disarming-language