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Kleine Kirchen mit großen Herausforderungen

10. October 2025

Poi

Wien, 10.10.25 (poi) Zahlenmäßig kleine Kirchen in Österreich kämpfen mit großen Herausforderungen. Ein Beispiel dafür ist die Syrisch-orthodoxe Kirche. Israil Günel, Leiter des gemeinsamen Kirchenrats der drei syrisch-orthodoxen Pfarrgemeinden in Wien, und seine Vorgängerin in dieser Funktion, Siham Islek, berichten im aktuellen PRO ORIENTE-Magazin über ihre Kirche. Dabei kommen sie u.a. auch auf den Religionsunterricht zu sprechen. Da es nur relativ wenige syrisch-orthodoxe Kinder gibt, würden diese gewöhnlich am Nachmittag aus verschiedenen Schulen an einem Standort für den Unterricht zusammengeholt. Für manche Kinder sei dies aus organisatorischen Gründen jedoch nicht möglich. Für sie gibt es seit jeher die von der Kirche organisierten Sonntagsschulen (die meist samstags stattfinden). Dies sei in der Vergangenheit - unter Einhaltung bestimmter gesetzlicher Auflagen - als Äquivalent für den schulischen Religionsunterricht anerkannt worden; mit Note bzw. Zeugnis. 

Seit einigen Jahren gelte diese Regelung nicht mehr, erläutern die beiden Kirchenvertreter. Manche Kinder würden so offiziell keinen Religionsunterricht mehr erhalten. Günel und Islek sind in der syrisch-orthodoxen Gemeinde "Hl. Maria Mutter Gottes" am Leopoldauer Platz beheimatet. Rund 150 Familien gehören zur Gemeinde, fast alle leben im 21. und 22. Bezirk. Etwa ein Drittel stammt ursprünglich aus der Südosttürkei, aus dem sogenannten Tur Abdin, die anderen kommen aus Syrien oder dem Irak. Letztere sind meist erst vor rund 10 bis 15 Jahren zugewandert, während die aus der Türkei stammenden Familien oft schon bis zu 50 Jahre in Österreich leben. Die meisten Gemeindemitglieder sind längst österreichische Staatsbürger. 

Pfarrer Toma Kassibrahim stammt aus Syrien, aus der Stadt Ras-el-Ain bei Hassake im Nordosten des Landes. Die Stadt war die erste, die von der Terrormiliz IS eingenommen wurde. Die Christinnen und Christen mussten um ihr Leben bangen und fliehen. Aus der Türkei kam der Priester mit seiner Familie schließlich 2013 nach Österreich. Das jüngste seiner drei Kinder wurde schon in Österreich geboren. 

Geschichte der Gemeinde "Hl. Maria Mutter Gottes" 

Die Gemeinde "Hl. Maria Mutter Gottes" ist die jüngste syrisch-orthodoxe Kirchengemeinde in Wien. Die Geschichte der Gemeinde begann 2008, als einige engagierte Familien die Initiative für den Kauf eines ehemaligen Gasthauses am Leopoldauer Platz ergriffen, um es in ein Kulturzentrum umzuwandeln. Drei Jahre später wurde in einem Teil des Kulturzentrums eine Gebetsstätte errichtet. Aus der kleinen Gemeinschaft entstand schließlich im Jahr 2013 die Pfarrgemeinde "Hl. Maria Mutter Gottes". 

Ab 2016 wurde groß gebaut bzw. umgebaut. Auf einem von der Gemeinde ebenfalls erworbenen Nebengrundstück wurde ein altes Feuerwachgebäude durch Um- und Zubau in einen Kindergarten verwandelt und an die St.-Nikolaus-Stiftung der Erzdiözese Wien vermietet. 2018 erfolgte der Spatenstich für eine neue Kirche und 2019 fand schon die erste Messe im Rohbau statt. Ganz fertig ist die Kirche immer noch nicht, kleinere Arbeiten sind noch ausständig. Diese beeinträchtigen die Gottesdienste bzw. das Gemeindeleben aber nicht. 

Insgesamt gibt es laut Schätzungen in Österreich rund 1.000 syrisch-orthodoxe Familien. Die Gemeinden in Österreich gehören zur Diözese Schweiz-Österreich. Der zuständige Metropolit Mor Dionysios Isa Gürbüz residiert in der Schweiz und kommt regelmäßig nach Österreich. Insgesamt gibt es in Österreich fünf Geistliche für die Seelsorge. Viele Agenden werden federführend von engagierten Gemeindemitgliedern übernommen. Finanziert wird die Syrisch-orthodoxe Kirche in Österreich durch freiwillige regelmäßige Spenden der Gläubigen. 

Weitere Informationen zum aktuellen PRO ORIENTE-Magazin unter: www.pro-oriente.at/publikationen/magazin