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PRO ORIENTE-Impulse für höchste Laienverbände in Österreich und Deutschland

Katholischer Laienrat Österreichs (KLRÖ) und Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) tagten gemeinsam in Wien - PRO ORIENTE-Generalsekretär Mussinghoff und Vorsitzender der Salzburger PRO ORIENTE-Sektion, Prof. Winkler, unter den vortragenden Experten

POI 240503

Wien, 03.05.24 (poi) Über Synodalität in den Ostkirchen und den ökumenischen Dialog mit den Ostkirchen referierten PRO ORIENTE-Generalsekretär Bernd Mussinghoff und der Vorsitzende der Salzburger PRO ORIENTE-Sektion, Prof. Dietmar Winkler, am vergangenen Wochenende in Wien. Sie waren Gastreferenten bei einer gemeinsamen Arbeitstagung von Katholischem Laienrat Österreichs (KLRÖ) und dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK). Die Mitglieder des KLRÖ-Vorstands und des ZdK-Präsidiums diskutierten aktuelle gesellschaftspolitische und innerkirchliche Themen. Mussinghoff stellte dabei das Projekt "Listening to the East" vor. Winklers Vortrag stand unter dem Generalthema "Ostkirche - Westkirche: Wie geht es weiter?"

Mussinghoff berichtete von den beiden internationalen ökumenischen Konferenzen, die PRO ORIENTE Ende 2022 gemeinsam mit dem Institut für Ökumenische Studien des Angelicum in Rom durchgeführt hatte, die als spezifischer Beitrag für den Synodalen Prozess in der Katholischen Kirche angelegt waren. Die Ergebnisse der Tagungen wurden über das Dikasterium zur Förderung der Einheit der Christen direkt an das Generalsekretariat der Synode weitergeleitet. Auf Basis der Beiträge ist auch ein Tagungsband erschienen, der verschiedene Beispiele synodaler Theologien, Praktiken und Erfahrungen in den Ostkirchen aufzeigt. Mussinghoff zeigte zudem den Trailer des Dokumentarfilms, den Filmmacher Robert Neumüller gemeinsam mit PRO ORIENTE-Projektmanagerin Viola Raheb ausgehend von den Konferenzen produziert hatte, in dem zahlreiche orthodoxe und orientalische Stimmen zu Synodalität zu Wort kommen.

Plädoyer für Kultur des Miteinanders

Am Beispiel des Tagungsband-Artikels des Wiener Theologen Prof. Ioan Moga über synodale Strukturen in der Rumänisch-orthodoxen Kirche zeigte Mussinghoff auf, wie weitreichend - entgegen gängigen Vorstellungen im Westen - zum Teil die Partizipationsmöglichkeiten insbesondere auch von Laiinnen und Laien in mehreren orthodoxen und orientalisch-orthodoxen Kirchen sind. Zugleich wies er auch darauf hin, dass eine gelingende Partizipation des ganzen Volkes Gottes an der Entscheidungsfindung in einer synodal-bischöflich verfassten Kirche von zahlreichen Voraussetzungen abhänge, wie einer guten Bildung nicht nur der Kleriker, sondern auch von Laiinnen und Laien, vor allem im theologischen Bereich.

Auch brauche es neben entsprechenden Strukturen eine echte gemeinsame Bereitschaft zum Aufbau einer Kultur des Miteinanders von Bischöfen und Klerikern mit Laiinnen und Laien, ohne die die derzeit laufenden Prozesse des Einsatzes für eine synodale Kirche nicht die gewünschten Früchte bringen würden.

Ostkirchen stärker wahrnehmen

Prof. Winkler verwies in seinem Vortrag auf die in den vergangenen Jahrzehnten erfolgte Verschiebung in der ökumenischen Demografie, die insbesondere in katholischen Kreisen Deutschlands wenig wahrgenommen wird. Ökumene werde immer noch vor allem als ein katholisch-evangelisches Unternehmen gesehen, wobei "evangelisch" vorwiegend als "lutherisch" identifiziert wird und weitere, mittlerweile gut präsente Kirchen, die aus der Reformation hervorgingen (wie Methodisten, Baptisten, Pfingstkirchen etc.) ebenso wenig auf dem katholischen Radar seien.

Mit Blick auf die Ostkirchen müsse im europäischen Kontext aber zunächst wahrgenommen werden, dass mit Griechenland (97 Prozent Orthodoxe), Rumänien (87 Prozent), Bulgarien (78 Prozent), Zypern und Estland mehrheitlich orthodoxe Länder längst Mitglied der EU sind und die christliche Welt nicht allein aus westkirchlicher Perspektive wahrgenommen werden könne. Ebenso gebe es eine Finnisch-Orthodoxe Kirche und eine Orthodoxe Kirche Tschechiens und der Slowakei, betonte Winkler. Dass überdies über eine Million Polen der orthodoxen Kirche angehören, sei ebenso nicht im Bewusstsein.

Für Österreich bedeutet dies gemäß Hochrechnung der Statistik Austria, dass die Ostkirchen (ca. 5 Prozent der Bevölkerung) die Evangelischen Kirchen (3,5 Prozent) längst überholt haben, bei steigender Tendenz, während bei Katholiken (55 Prozent) und Evangelischen eher ein Rückgang zu diagnostizieren ist.

Nicht dazu gerechnet seien überdies zugewanderte Christinnen und Christen, die noch keine Staatsbürgerschaft besitzen, insbesondere Chaldäer, Kopten, Syrisch-Orthodoxe, Armenier, Melkiten etc. aus dem Libanon, Syrien, Ägypten, Irak, Indien, Äthiopien oder Eritrea. Auch habe Österreich seit Kriegsbeginn zehntausende Ukrainer aufgenommen, die entweder den orthodoxen Kirchen oder der griechisch-katholischen Kirche der Ukraine angehören.

Integration durch Ökumene

Dies sollte, so der Dekan der Theologischen Fakultät der Universität Salzburg, insgesamt Konsequenzen für den ökumenischen Dialog haben, der auch ein wesentliches Instrumentarium der Integration sein kann. Darüber hinaus könne dieses "Hinhören auf den Christlichen Osten", so Winkler mit Verweis auf das PRO ORIENTE- Projekt "Listening to the East", helfen, aus innerkatholischen "Dialogsackgassen" zu kommen. Hierzu bietet die Dynamik der Ökumene, die sich auf globaler, regionaler/kontinentaler und lokaler Ebene bewegt, ebenso viele Chancen, die es im Austausch und im Dialog zu nützen gelte.

Winkler verwies in seinen Ausführungen auch auf die aktuelle Komplexität im Umgang mit den orthodoxen Kirchen, insbesondere in Zeiten der Spannungen zwischen Konstantinopel und Moskau. Die Unterstützung des Angriffskrieges Russlands durch den russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill stellt dabei eine besondere Herausforderung dar, da schließlich auch nicht alle Brücken des Dialogs, die man nach dem Krieg wieder brauchen wird, abgerissen werden dürfen. Andererseits bringt die Wiederbelebung des Papsttitels "Patriarch des Abendlandes", von der Patriarch Bartholomaios durch Papst Franziskus im Vorfeld informiert wurde, neue Anknüpfungspunkte.

Winklers und Mussinghoffs Ausführungen wurden von den Delegationen, die von KLRÖ-Präsident Wolfgang Mazal und ZdK-Vorsitzender Irme Stetter-Karp, angeführt wurden, mit großem Interesse verfolgt. Weitere Themen der Beratungen waren u.a. Positionen von Katholikinnen und Katholiken gegenüber extremen Parteien, ethische Fragen, Wirtschaftsfragen und konkrete innerkirchliche Reformprozesse.