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Salzburger Symposion: Mehr an Synodalität in Kirche unerlässlich

Dogmatiker Siebenrock und Sander skizzierten bei Vortragsreihe "Gemeinsam unterwegs: Synodalität als Möglichkeitsraum" an der Katholisch-Theologischen Fakultät ihre Vorstellungen der Kirche in der Zukunft

POI 220311

An einem Mehr an Synodalität in der Katholischen Kirche wird man künftig nicht vorbeikommen. Das war der Tenor der jüngsten Veranstaltung im Rahmen der interdisziplinären Vortragsreihe "Gemeinsam unterwegs: Synodalität als Möglichkeitsraum" an der Katholisch-Theologischen Fakultät Salzburg. Die beiden Dogmatiker Prof. Roman Siebenrock und Prof. Hans-Joachim Sander skizzierten ihre Vorstellungen einer künftigen synodalen Kirche, wobei diese Vorstellungen teils über Synodalität weit hinausgingen.

Der Kirchenhistoriker und Synodalitätsbeauftragte der Katholisch-Theologischen Fakultät, Prof. Dietmar Winkler, eröffnete den Spannungsbogen des Themas mit der Feststellung, dass Papst Franziskus mit der Einleitung dieses synodalen Prozesses zweifellos mehr an Synodalität in der Katholischen Kirche wolle. Zugleich gebe es aber auch die Entwicklung, dass etwa angesichts des synodalen Weges in Deutschland manche vor einem Mehr an Synodalität zurückschreckten. Prof. Winkler ist auch Vorsitzender der Salzburger PRO ORIENTE-Sektion. Die Sektion ist Mitveranstalter der universitären Vortragsreihe, die den synodalen Prozess in der Katholischen Kirche auf wissenschaftlichem Niveau begleitet und bereichern will.

Tiefe Glaubwürdigkeitskrise

Der Innsbrucker Dogmatiker Prof. Roman Siebenrock bezeichnete die aktuelle Krise der Katholischen Kirche vor allem als tiefe Glaubwürdigkeitskrise. Freilich: "Nicht nur der Missbrauch, sondern auch die apokalyptische Transformation der Menschheit durch Wissenschaft, Technik, Markt und Medien stellt die Verkündigung des Evangeliums in eine tiefe Verlegenheit. Nicht nur die Kirche hat ein Glaubwürdigkeitsproblem." Diese Verlegenheit bzw. das damit verbundene Versagen müsse offen und ehrlich benannt werden, "auch mit dem Freimut, keine Patentlösungen vorweisen zu können".

Er sehe Synodalität auch nicht als rein innerkirchliche Veranstaltung, so Siebenrock. Die kirchliche Synodalität sei nur dann sinnvoll, wenn sie sich von jener Synodalität her verstehe, wonach Gott selbst einen Dialog der Rettung mit allen Menschen eingeht, "und sie zu neuem Leben in Hoffnung und Liebe ermutigt". Dieses unbedingte Ja Gottes zum Menschen habe die Kirche in allen ihren Vollzügen zeichenhaft zu leben. Deshalb sei sie auch dazu gerufen, wirklich "katholisch" zu werden, d.h. niemanden auszugrenzen.

Dafür sei freilich eine tiefgreifende kirchliche Erneuerung unausweichlich, und dazu habe der Papst den synodalen Prozess eröffnet. Siebenrock: "Franziskus hat uns diesen Weg aufgegeben. Weiß er, welches Risiko er mit einem so offenen Weg eingegangen ist? Denn es besteht die Gefahr, dass der Frust in allen wächst, wenn wie nach der Amazonas-Synode keine Entscheidungen getroffen werden. Oder befinden wir uns schon auf dem Weg zu einem Dritten Vatikanischen Konzil?"

Synodalität reicht nicht

Weniger als Synodalität dürfe es in der Kirche nicht mehr geben, betonte auch Prof. Sander. Er stellte heraus, "dass ein mehr an Synodalität nicht ausreicht. Was nötig ist, ist mehr als Synodalität." Denn auch mit der unverzichtbaren und nötigen Synodalität allein könne die abhanden gekommene Glaubwürdigkeit nicht wieder gewonnen werden.

Beim synodalen Prozess dürfe es keine Denk- und Sprachverbote geben, "alles muss auf den Tisch, und die Erkenntnis muss greifen, dass es so nicht weiter geht". Zugleich liege aber mit einer glaubwürdigen Synode "nicht der Kristallisationskern bereit, um den herum sich wieder Glaubwürdigkeit in der Kirche aufbaut", zeigte sich Sander überzeugt. Die sei erst dann gegeben, "wenn andere und anders gelagerte Leitungsformen der Kirche entwickelt werden". Denn, so der Theologe, das neuzeitliche Papsttum könne diese weltkirchliche katholische Religionsgemeinschaft nicht mehr hinreichend leiten. Dafür sei die Kirche zu plural geworden.

Sander: "Die Synodalität kann dieses Problem feststellen, aber nicht lösen. Dafür benötigen wir andere Leitungsformen, die von außen kommen: eine Art von an der säkularen Demokratie ausgerichtete Leitungsform mit ‚checks and balances‘, die mit einem runderneuerten Konzilsformat möglich ist."

Der Dogmatiker plädierte u.a. für eine Art Böckenfördesches Paradoxon für die moderne Kirche, "also die Anerkennung, dass nicht nur der moderne Staat, sondern auch die moderne Kirche von Voraussetzungen lebt, die sie nicht selbst garantieren kann, und die entsprechende Suche in diesem Außenbereich nach Möglichkeiten und Hilfen, um gemeinsam und im Verbund damit dem Glaubwürdigkeitsverlust entgegenzutreten". Sander warnte zugleich: "Finger weg von den Versuchungen religiöser Macht, um die fehlende Glaubwürdigkeit mit autoritären Möglichkeiten auszutarieren!"

Die interdisziplinären Vortragsreihe "Gemeinsam unterwegs: Synodalität als Möglichkeitsraum" an der Universität Salzburg wird am 10. Mai mit einem Blick auf die Orden fortgesetzt. Es referieren die deutsche Benediktinerin Sr. Michaela Puzicha und der Salzburger Erzabt Korbinian Birnbacher von St. Peter. Am Dienstag, 31. Mai, referieren die Linzer Pastoraltheologin Prof. Klara-Antonia Cziszar und der Wiener orthodoxe Theologe Prof. Ioan Moga, Am 14. Juni kommen die Grazer Kirchenrechtlerin Prof. Sabine Konrad und der lutherisch Altbischof Michael Bünker zu Wort.

Alle Veranstaltungen beginnen um 18 Uhr an der Universität Salzburg. Infos: https://online.uni-salzburg.at/plus_online/vag.detail?vid=75353