Armenologin Dum-Tragut startet mit Rettung des Klosters Arakelots
Von Salzburger Armenien-Expertin nominiertes armenisches Kloster in Liste der sieben gefährdetsten Kulturerbestätten in Europa aufgenommen – Dum-Tragut plant Erforschung, Reinigungs- und Erhaltungsmaßnahmen von Arakelots sowie die Einrichtung eines Kulturerbe-Wanderweges

Foto: Jasmine Dum-Tragut
Salzburg/Jerewan, 20.03.25 (poi) Die Salzburger Armenien-Expertin Jasmine Dum-Tragut hat es geschafft: Sie möchte das armenische Kloster Arakelots und die gleichnamige mittelalterliche Siedlung vor dem Verfall retten. Nun kann sie samt internationaler Unterstützung damit beginnen, denn Kloster und Siedlung wurden in das internationale Programm der sieben am stärksten gefährdeten europäischen Kulturstätten "Europa Nostra 7 most endangered" aufgenommen.
Das Programm "7 Most Endangered" wurde 2013 vom europäischen Denkmalschutz-Verbund Europa Nostra und der Europäischen Investitionsbank ins Leben gerufen. Europa Nostra und die Investitionsbank haben am Dienstag bei einem Online-Festakt die sieben in die Liste aufgenommenen Kulturstätten 2025 bekannt gegeben, darunter auch Arakelots, das von Dum-Tragut nominiert wurde.
Das Programm identifiziert gefährdete Denkmäler und Stätten in Europa und mobilisiert öffentliche und private Partner auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene, um eine tragfähige Zukunft für diese Stätten zu finden. Damit kann Dum-Tragut nun mit ihren Maßnahmen beginnen. Ihre Pläne sehen eine ganzheitliche Erforschung, Reinigungs- und Erhaltungsmaßnahmen von Arakelots sowie die Einrichtung eines Kulturerbe-Wanderweges vor, erläuterte die Armenologin in ihren Dankesworten beim Festakt. Das bedeutet zugleich, "Frieden fördern, lokale Kapazitäten stärken, Bildung verbessern und einen nachhaltigen, sanften Tourismus fördern, der den Erhalt des Natur- und des Kulturerbes mit einbezieht".
Am wichtigsten sei jedoch, "dass dies alles mit der und für die lokale Bevölkerung geschieht", so Dum-Tragut. Das Projekt solle die lokale Bevölkerung in die Lage versetzen, "ihr eigenes Erbe zu verwalten und dadurch das Gefühl der Verbundenheit zu einem bestimmten Ort zu stärken".
Arakelots könnte Maßstäbe für die Entwicklung eines nachhaltigen und umweltbewussten Kulturerbetourismus setzen und auch als Katalysator dienen, "um ein breiteres europäisches Interesse am armenischen Kulturerbe zu wecken". Die Listung von Arakelots werde unweigerlich dazu beitragen, "die Aufmerksamkeit Europas auf die jahrhundertealte armenische Kultur und ihre Bedeutung als Brücke und Vermittler zwischen Europa und Asien sowie zwischen dem westlichen und östlichen Christentum und dem Islam zu lenken", zeigte sich Dum-Tragut überzeugt.
Die Aufnahme von Arakelots in die Liste werde die Zuversicht, die Widerstandsfähigkeit und die Hoffnung des armenischen Volkes stärken, insbesondere der Armenierinnen und Armenier, die in den krisengeschüttelten Grenzgebieten zu Aserbaidschan leben. Insofern sei die Listung auch "ein deutliches europäisches Statement und ein wirksames europäisches Zeichen kultureller Solidarität".
Verfallendes mittelalterliches Handelszentrum
Das Ensemble religiöser und weltlicher Denkmäler liegt zwei Kilometer westlich des Dorfes Acharkut am Fluss Kirants und bietet wertvolle Einblicke in das kulturelle und wirtschaftliche Leben des 13. Jahrhunderts. Das Kloster ist mit Wällen und Wachtürmen befestigt und verfügt u.a. über eine architektonisch bemerkenswerte Hauptkirche. Zu den Überresten der Siedlung gehören zwei Kirchen, eine Karawanserei, eine Ölmühle und eine Brücke. Arakelots war einst ein pulsierendes mittelalterliches Handelszentrum an der armenischen Seidenstraße, wurde ab dem 17. Jahrhundert aber weitgehend verlassen und aufgegeben und ist auch noch kaum erforscht.
Dum-Tragut war erst Anfang März wieder vor Ort, um ihr Programm voranzutreiben. Die Zeit dränge, wie sie erläuterte: "Das Kloster und die Siedlung sind großen Gefahren ausgesetzt. Die sich ausbreitende Vegetation, der Verfall der Bausubstanz und klimabedingte Gefahren wie übermäßige Niederschläge und Erdrutsche gefährden ihren Erhalt." Einige Bauwerke seien bereits durch Erdbebenschäden in sehr schlechtem Zustand. Die Anwesenheit einer großen Fledermauskolonie im Kloster mache es zudem erforderlich, "die Erhaltung des kulturellen Erbes mit dem Schutz der Tierwelt in Einklang zu bringen".
Unermüdlicher Einsatz für Armenien
Jasmine Dum-Tragut arbeitet seit gut 35 Jahren in Armenien und hat in den vergangenen 20 Jahren an der Salzburger Paris-Lodron-Universität die Armenischen Studien aufgebaut. Sie leitet u.a. das Salzburger "Zentrum zur Erforschung des Christlichen Ostens" (ZECO) und setzt sich intensiv für die Bewahrung des christlichen Erbes in Berg-Karabach ein. Ihr Engagement für die armenische Kultur in den vergangenen Jahren hat zudem wesentlich zur Entwicklung neuer Wissenschaftszweige, auch in Armenien, beigetragen. Seit Oktober 2023 leitet Dum-Tragut eine neue Forschungsabteilung für Interdisziplinäre Armenische Kulturerbe-Studien an der Armenischen Akademie der Wissenschaften.
Im Dezember 2023 erhielt sie die höchste staatliche Auszeichnung der Republik Armenien. Dum-Tragut hat u.a. auch ein offizielles Amt am Heiligen Stuhl der Armenisch-apostolischen Kirche in Etschmiadzin inne. Sie ist wissenschaftliche Beraterin im "Mother See of Holy Etchmiatzin's office for Artsakh Spiritual-Cultural Heritage Issues".
Im April 2024 wurde sie mit dem Stephanus-Sonderpreis ausgezeichnet, der von der Frankfurter Stephanus-Stiftung für verfolgte Christen verliehen wird. Die Stiftung würdigt damit Personen, die sich in einer besonderen Weise für Menschenrechte, Religionsfreiheit und den christlichen Glauben einsetzen. Jasmine Dum-Tragut ist zudem Konsultorin der Stiftung PRO ORIENTE.