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Erzbischof von Homs: Die Welt lässt das syrische Volk sterben

Hilfsappell des syrisch-katholischen Erzbischofs von Homs, nachdem das UN-Welternährungsprogramm mit Jahresbeginn seine Hilfe für Syrien wegen fehlender Mittel ausgesetzt hat

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Foto: Georg Pulling | Im September 2023 statteten der Linzer Bischof Manfred Scheuer und eine Delegation des Hilfswerks "Initiative Christlicher Orient" (ICO) dem Erzbischof in Homs einen Besuch ab.

Rom/Damaskus, 09.01.24 (poi) Der syrisch-katholische Erzbischof von Homs, Jacques Mourad, hat sich mit einem dramatischen Appell an die Weltöffentlichkeit gewandt, nachdem die Hilfe des UN-Welternährungsprogramms für Syrien mit Jahresbeginn wegen fehlender Mittel ausgesetzt wurde. Es könne doch nicht sein, "dass die ganze Welt das syrische Volk im Stich lässt. Was haben wir falsch gemacht, um zum Sterben verurteilt zu werden?", so der Erzbischof im Interview mit "VaticanNews". Mehr als fünf Millionen Menschen seien auf die UN-Lieferung von Nahrungsmitteln und lebensnotwendigen Gütern angewiesen.

Nichtregierungsorganisationen und die katholische Kirche haben in den letzten Jahren in Syrien "Wunder vollbracht" und die Bevölkerung in jeder Hinsicht unterstützt. Jedoch, so Erzbischof Mourad: "Die Kirche und die Nichtregierungsorganisationen können nicht alle Bedürfnisse der syrischen Bevölkerung abdecken, ihre finanziellen Möglichkeiten sind begrenzt". Außerdem machten es die Sanktionen gegen Syrien unmöglich, Geld nach Syrien zu bringen. "Wie sollen wir es also schaffen?", so der Erzbischof.

Schon jetzt würden viele syrische Familien nur einmal am Tag essen. "Wir haben vergessen, was Heizen ist, weil wir weder Diesel noch Holz kaufen können, wir haben vergessen, was heißes Wasser ist, wir haben vergessen, was eine Gesellschaft ist. Und wir leben in völliger Dunkelheit, die Städte in Syrien sind ohne Licht, die reichen Viertel mit nur fünf Prozent der Bevölkerung sind sicherlich nicht repräsentativ für die Situation des syrischen Volkes." Er hoffe, so der Erzbischof, dass die EU eine klare Position einnehme, die von "menschlicher und aufrichtiger Sensibilität" geprägt sei.

Jacques Mourad stammt aus Aleppo und gehört der syrischen monastischen Gemeinschaft vom Deir Mar Musa el-Habashi (Kloster des Heiligen Moses des Abessiniers) an, deren Mitbegründer er ist, und die sich ganz dem Dialog zwischen Christen und Muslimen verschrieben hat. Er wurde im März 2023 zum Erzbischof von Homs geweiht.

Mourad wurde 2015 von Terroristen des "Islamischen Staates" entführten und für mehrere Monate festgehalten. Der IS drohte ihm mehrmals mit der Hinrichtung, sollte er nicht zum Islam konvertieren. Mourad blieb standhaft. Nach rund viereinhalb Monaten gelang ihm mit Hilfe von Muslimen die Flucht. Einige der Fluchthelfer wurden deswegen später vom IS ermordet. Mourad hat seine Erfahrungen in der Gefangenschaft in dem Buch "Ein Mönch in Geiselhaft" festgehalten.

Im September 2023 statteten der Linzer Bischof Manfred Scheuer und eine Delegation des Hilfswerks "Initiative Christlicher Orient" (ICO) dem Erzbischof in Homs einen Besuch ab. Mourad zeigte sich bei der Begegnung zutiefst überzeugt, dass es zum Dialog zwischen Christen und Muslimen keine Alternative gibt. Daran habe auch sein traumatisches Erlebnis als Geisel des IS nichts geändert. Zugleich rief er zur tatkräftigen Hilfe für die leidgeprüfte und perspektivenlose syrische Bevölkerung auf – ein Appell, den Bischof Scheuer in seiner Weihnachtsbotschaft bekräftigte.