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PRO ORIENTE-Präsident Kloss: Gedenken an Armenier-Genozid ist bleibende Verpflichtung

Armenier in aller Welt gedenken am 24. April der Opfer des Völkermordes im Osmanischen Reich

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Foto: Kathpress / Georg Pulling

Wien, 21.04.23 (poi) Am 24. April jährt sich zum 108. Mal der Beginn des Völkermordes an den Armeniern und weiteren christlichen Gemeinschaften im damaligen Osmanischen Reich. Die Armenier in aller Welt gedenken an diesem Tag in besonderer Weise der Opfer. Für die Stiftung PRO ORIENTE unterstreicht Präsident Alfons M. Kloss die Bedeutung des Gedenktags: "Die massenhafte Verfolgung und Tötung von armenischen und anderen orientalischen Christinnen und Christen im Osmanischen Reich während des Ersten Weltkriegs haben unsägliches Leid über diese Menschen gebracht." Es sei eine bleibende Verpflichtung, hieran zu erinnern und der Opfer zu gedenken, auch nach mehr als 100 Jahren.

Kloss: "Für die armenischen und syrischen Kirchen, mit denen wir heute so gute und freundschaftliche Beziehungen pflegen, war das eine existenzielle Katastrophe." Er sei dankbar, dass die armenischen und syrischen Kirchen heute sowohl in Österreich als auch international als geschätzte Partner für Dialog, Verständigung und Frieden zur Verfügung stehen.

Das Genozid-Gedenken steht heuer unter einem besonders sorgenvollen Vorzeichen, weil der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan in den vergangenen Monaten wieder eskaliert ist. Aserbaidschan blockiert seit Dezember den Latschin-Korridor, die einzige Verbindung von Berg-Karabach nach Armenien. 120.000 Menschen, darunter viele Kinder, Alte und Kranke, sind seither von der Außenwelt so gut wie abgeschnitten.

Die Weltgemeinschaft und damit auch Österreich müssten endlich reagieren und Aserbaidschan dazu bewegen, die "Hungerblockade" gegen Berg-Karabach zu beenden, so der Wiener armenisch-apostolische Bischof Tiran Petrosyan am Freitag via Kathpress.

Präsident Kloss ruft im Blick darauf zur Einhaltung des internationalen Rechts und der getroffenen Waffenstillstands-Vereinbarungen auf, "damit alle Menschen dort auf Dauer frei, sicher und in Frieden miteinander leben können".

"Wo bleibt die Weltgemeinschaft, wo bleibt Europa?"

Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat Aserbaidschan zur Beendigung der Blockade aufgefordert. Geschehen sei freilich nichts, beklagte Bischof Petrosyan: "Wo bleibt die Weltgemeinschaft, wo bleibt Europa?" Wer bei einer Aggression schweige, verhalte sich solidarisch mit dem Aggressor. Der aserbaidschanische Präsident Ilham Alijew werde so ermutigt, weitere Schritte zu setzen, warnte Petrosyan, der sich auch schon mehrmals an die politisch Verantwortlichen in Österreich gewandt hat.

Gedenken in aller Welt und in Wien

Am 24. April 1915 hatten Einheiten der osmanischen Geheimpolizei in Istanbul hunderte armenische Intellektuelle verhaftet und nach Anatolien deportiert, wo die meisten den Tod fanden. Dies war der Startschuss für den Völkermord an den Armeniern und den Massakern an weiteren Christen syrischer und griechischer Tradition. Die Schätzungen reichen bis zu 1,5 Millionen armenischen Todesopfern, sowie bis zu weiteren 500.000 Opfern unter Christen anderer Konfessionen.

Mittlerweile haben rund zwei Dutzend Staaten den Genozid offiziell anerkannt, darunter Italien, die Niederlande und Frankreich. Das Österreichische Parlament hat am 23. April 2015 die Gewalt und den Mord an den Armeniern und deren Vertreibung durch das Osmanische Reich als Genozid anerkannt und verurteilt. Auch Papst Franziskus hat das Geschehen eindeutig als Genozid bezeichnet.

In endlosen Schlangen ziehen die Menschen jedes Jahr am 24. April zur Gedenkstätte Zizernakaberd ("Schwalbenfestung") in der armenischen Hauptstadt Jerewan. Aus aller Welt kommen sie und verwandeln die Gedenkstätte in ein Blumenmeer. Bis zu eine Million Armenier sind es jedes Jahr, die so das Gedächtnis an die Ermordeten hochhalten. Um 12 Uhr läuten in ganz Armenien und in allen armenischen Kirchen in der ganzen Welt die Glocken.

Auch in Wien wird jedes Jahr an die Opfer gedacht. In der Armenisch-Apostolischen Kirche St. Hripsime in Wien-Landstraße findet heuer bereits am Sonntag, 23. April, im Anschluss an den Sonntagsgottesdienst eine spezielle Zeremonie für die Opfer des Genozids statt. Nach der Zeremonie gibt es eine Kranzniederlegung am Genozid-Mahnmal im Hof der St. Hripsime Kirche. Abgeschlossen wird das Gedenken beim Kreuzstein am Armenierplatz im Dritten Bezirk.

Am Montag, 24. April, lädt die Armenisch-Apostolische Kirchengemeinde um 17 Uhr zu einer Kranzniederlegung beim Franz Werfel Denkmal (Schillerplatz, 1010 Wien) ein. U.a. wird der armenische Botschafter in Österreich, Armen Papikyan, Worte des Gedenkens sprechen. - Der österreichische Schriftsteller Franz Werfel hat mit seinem Roman "Die vierzig Tage des Musa Dagh" dem Armeniergenozid ein literarisches Denkmal geschaffen. Ab 18 Uhr findet am Stephansplatz eine Gedenk- und Informationsversammlung statt.