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PRO ORIENTE-Tagung in Rom: Wertvolle orthodoxe Impulse für Katholische Kirche

Erfolgreicher Abschluss der Tagung "Synodalität in Leben und Mission der Orthodoxen Kirche" - PRO ORIENTE-Präsident Kloss zieht positives Resümee

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Foto: PRO ORIENTE

Rom/Wien, 07.11.22 (poi) In Rom ist am Wochenende eine internationale PRO ORIENTE-Tagung zu Ende gegangen, die sich mit den Erfahrungen der Orthodoxie mit Synodalität befasste und das Ziel hatte, diese Erfahrungen für den Synodalen Prozess in der Katholischen Kirche fruchtbar zu machen. Veranstalter der Tagung "Synodalität in Leben und Mission der Orthodoxen Kirche" war neben PRO ORIENTE das Institut für Ökumenische Studien der Päpstlichen Universität St. Thomas von Aquin (Angelicum), wo die Tagung auch stattfand.

PRO ORIENTE-Präsident Alfons M. Kloss zog am Montag ein äußerst positives Resümee der Konferenz, sowohl, was den "Geist", aber auch den Inhalt der Tagung betrifft: "Die orthodoxen Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmer haben in sehr eindrucksvoller und offener Weise ihr Verständnis und ihre Praxis von Synodalität diskutiert." Damit hätten sie, wie intendiert, einen sehr wertvollen Beitrag zur globalen Synode der Katholischen Kirche geleistet. Die katholischen Teilnehmenden hätten diese wichtigen Impulse mit beeindruckender Aufmerksamkeit aufgenommen, so Kloss.

Zugleich sei in diesen Tagen des gemeinsamen Hörens, Diskutierens und Betens auch deutlich geworden, "wie viele aktuelle Herausforderungen in der fragilen heutigen Welt die Orthodoxe Kirche mit unserer Katholischen Kirche teilt". Dies sei, so Kloss, "ein weiterer Anstoß dafür, dass sich die Christinnen und Christen weltweit in größerer Einheit im Sinne der Frohen Botschaft engagieren".

Laien und Frauen in der Orthodoxie

Die rumänisch-orthodoxe US-Theologin Teva Regule hielt den einleitenden Hauptvortrag des zweiten Konferenztags, der dem Aspekt der Partizipation aller Gläubigen am synodalen Leben der Kirche gewidmet war. Sie beleuchtete u.a. die Beteiligung von Laien an synodalen Prozessen in der Orthodoxie. Historisch gesehen hätten immer schon auch Laien am Entscheidungsprozess der Kirche teilgenommen. Obwohl die frühen Ökumenischen Konzilien in erster Linie bischöfliche Versammlungen waren, seien es Laien gewesen - wenn in den konkreten Fällen auch die byzantinischen Kaiser - die die Konzilien einberufen hatten. Und schließlich sei es auch das gläubige Volk - die Laien - gewesen, das die Entscheidungen der Konzilien akzeptieren musste. So habe sich nach dem Konzil von Nizäa 325 die Verurteilung des Arianismus nur durch die Annahme des Volkes durchsetzen können

Ein Gegenbeispiel: Die orthodoxen Gläubigen lehnten die Beschlüsse des Konzil von Ferrara-Florenz (1438/39) übereinstimmend ab, sodass sie nie zur Geltung kamen, so Regule. Heutzutage seien vor allem in der orthodoxen Diaspora Geistliche und Laien, Männer und Frauen, auf vielfältige Weise in der Kirche aktiv. Laien seien durchaus auch in nicht nur beratenden, sondern ebenso in entscheidenden Gremien auf lokaler Gemeinde- und teils auch Diözesanebene vertreten. In manchen Diözesen bestimmten Laien auch bei der Bischofswahl mit, so etwa in der Orthodox Church in America (OCA). Dies sei freilich kein durchgängiges Prinzip, räumte Regule ein.

Vielerorts hätten sich in der Orthodoxen Kirche aber bereits unabhängige Gruppen gebildet, die sich mit Fragen der Mitbestimmung von Laien auseinandersetzen. Regule verwies auf die Organisation "Orthodox Christian Laity" in den Vereinigten Staaten.

Die Theologin erläuterte auch den gegenwärtigen Stand des Frauendiakonats in der Orthodoxie. Frauen hätten immer am diakonischen Dienst der Kirche teilgenommen, in der frühen Kirche auch als ordinierte Diakoninnen. Seit rund 150 Jahren gebe es Stimmen, die die Wiedereinführung des Frauendiakonats forderten.

1988 fand auf Rhodos auf Initiative des damaligen Ökumenischen Patriarchen Demetrios eine Konferenz statt, die sich diesem Thema widmete. Ergebnis der Beratungen war, dass man sich zwar nicht für das Frauenpriestertum aussprach, aber festhielt, dass das Amt der Diakonissinnen wiederbelebt werden sollte. Dies sei eine positive Antwort auf die vielen Bedürfnisse und Anforderungen der heutigen Welt. Seither hätten sich mehrere Konferenzen mit dieser Thematik beschäftigt.

2000 richteten zahlreiche Theologinnen und Theologen - vor allem aus der Diaspora - beispielsweise ein entsprechendes Schreiben an Patriarch Bartholomaios, mit dem Hinweis, dass es nichts gebe, was kirchlich gegen Diakoninnen sprechen würde. Wegweisende Schritte seien seither auf Synoden der Orthodoxen Kirche in Griechenland sowie des Patriarchats von Alexandrien erfolgt, so Regule. Leider wurden die Entscheidungen dieser Synoden erst teilweise auch von den Gläubigen rezipiert. Die Bemühungen innerhalb der Orthodoxie gingen aber weiter, zeigte sich die Theologin überzeugt. Regule ist Präsidentin der "Orthodox Theological Society in America" und gehört dem Vorstand des "St. Phoebe Center for the Deaconess" an.

Plädoyer für mehr innerorthodoxe Synodalität

Der orthodoxe kenianische Geistliche und Theologe John Njoroge kam in seinem Hauptvortrag über Synodalität und Mission am Samstag u.a. auf das Konzil von Kreta 2016 zu sprechen. Trotz aller Schwierigkeiten in der Vorbereitung und Durchführung wolle er es als "Indikator für die Möglichkeiten zukünftiger Konzile" bezeichnen. Innerkirchliche Konfliktthemen wie die Situation der Orthodoxie in der Ukraine oder in Afrika, oder auch die generelle Struktur der Orthodoxie in der Diaspora benötigten ebenso mehr Synodalität wie auch gesamtgesellschaftliche weltweite Herausforderungen. Dies gelte für die Themen Gerechtigkeit und Friede ebenso wie etwa auch für die Klimakrise. Mangelnde Synodalität bzw. Konziliarität unter den Orthodoxen Kirchen würden das künftige Leben und die Mission der Kirche in der Welt beeinträchtigen, warnte Njoroge.

Die Welt, der die rechte Perspektive immer mehr abhanden komme, brauche das Zeugnis einer geeinten Kirche. Njoroge plädierte in diesem Zusammenhang auch eindringlich für eine stärkere Verbindung zwischen den Synoden der lokalen bzw. nationalen Kirchen und den patriarchalen Synoden. Die Relevanz von Synodalität für eine missionarische orthodoxe Kirche bestehe darin, "einen Raum zu schaffen, in dem Gläubige, Pfarren, Diözesen sowie missionsorientierte Organisationen inspiriert und motiviert werden, sich in ihren Heimatländern und darüber hinaus aktiv für die Evangelisierung zu engagieren".

Weitere Vorträge und Diskussionen am Freitag und Samstag beschäftigten sich etwa mit dem wegweisenden Konzil der Russisch-orthodoxen Kirche 1917/18, orthodoxen Laienbewegungen, der Partizipation von Laien bei der Wahl von Bischöfen und Patriarchen, orthodoxen Jugendbewegungen, dem orthodoxen Engagement im Weltkirchenrat oder auch dem Thema "Frauen und Synodalität".

Rund 80 Bischöfe, Geistliche, Theologinnen und Theologen und weitere Interessierte waren nach Rom gekommen. Die Konferenz stand unter der gemeinsamen Schirmherrschaft des vatikanischen Dikasteriums zur Förderung der Einheit der Christen und des Generalsekretariats der Bischofssynode. Die Ergebnisse der Konferenz werden auch in einem Tagungsband in Buchform veröffentlicht.

Die Konferenzbeiträge sind auf den YouTube-Kanälen von PRO ORIENTE und Angelicum weiterhin abrufbar: