PRO ORIENTE trauert um verdienstvolle ökumenische Persönlichkeiten
Verstorbener Grazer Altbürgermeister Stingl war über viele Jahre engagiertes Mitglied des Grazer Komitees von PRO ORIENTE und des Kuratoriums der Gesamtstiftung - Früherer Dormitio-Abt Egender war "herausragender Pionier der ökumenischen Bewegung"

Die Stiftung PRO ORIENTE trauert dieser Tage um zwei Persönlichkeiten, die sich auf ihre je eigene Weise in ihrem Leben große Verdienste um die Verständigung und Versöhnung über Kirchen- und Religionsgrenzen hinaus erworben haben: um den Grazer Altbürgermeister Alfred Stingl und den früheren Abt der Jerusalemer Dormitio-Abtei Nikolaus Egender.
Alfred Stingl war von 1985 bis 2003 Grazer Bürgermeister. Er starb am 29. Mai im Alter von 86 Jahren. Egender ist am 31. Mai im Alter von 101 Jahren gestorben. Der gebürtige Elsässer stand der Dormitio-Abtei auf dem Zionsberg nahe der Jerusalemer Altstadt von 1979 bis 1995 vor.
Alfred Stingl sei ein bedeutender Politiker gewesen, der in seinem gesamten Leben ein beeindruckendes Engagement für das Gemeinwohl gezeigt hat, insbesondere für die Schwächsten in der Gesellschaft, heißt es in einem von PRO ORIENTE-Präsident Clemens Koja gezeichneten Kondolenzschreiben. Alfred Stingl sei auch am friedlichen Zusammenleben von Menschen verschiedenster Hintergründe, Weltanschauungen und Glaubensauffassungen in hohem Maße interessiert gewesen und habe sich hierfür Zeit seines Lebens eingesetzt - auch im Rahmen seines langjährigen Engagements als Mitglied des Grazer Komitees von PRO ORIENTE und des Kuratoriums der Gesamtstiftung.
Seit seiner Berufung durch den Wiener Erzbischof Kardinal Christoph Schönborn im Jahr 2004 habe Stingl, solange es ihm möglich war, an den Sitzungen dieses Gremiums der Stiftung mit großer Regelmäßigkeit teilgenommen und engagiert mitgewirkt. Wörtlich heißt es in dem Kondolenzschreiben: "Das Anliegen von PRO ORIENTE, die Förderung von Einheit und Versöhnung zwischen den Kirchen des Ostens und des Westens, hat Bürgermeister Stingl stets als einen Dienst am Frieden verstanden. An der Verwirklichung dieses Ziels zu arbeiten, im In- und Ausland, war ihm wichtig, und er hat sich diesem Engagement, dem er sich zutiefst verpflichtet fühlte, mit großer Ernsthaftigkeit gewidmet." Für seine Verbundenheit und Freundschaft mit PRO ORIENTE sowie sein großes Engagement für den Friedensdienst der Stiftung sei man ihm zutiefst dankbar.
Besondere Erwähnung verdiene in diesem Kontext auch die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung im Jahr 1997 in Graz mit dem Generalthema "Versöhnung", die ohne das große Engagement des damaligen Grazer Bürgermeisters und sein klares Bekenntnis zu den Menschenrechten und seinen Einsatz für Dialog und Verständigung zwischen den Menschen und Kirchen im Osten und Westen Europas in dieser Weise wohl niemals hätte durchgeführt werden können.
Dienst an Frieden und Versöhnung
Abt Nikolaus Egender sei ein Brückenbauer gewesen, der sich sehr für die Ökumene einsetzte, insbesondere mit den orthodoxen und orientalisch-orthodoxen Kirchen, heißt es in einem weiteren PRO ORIENTE-Kondolenzschreiben an die Benediktiner von Chevetogne. PRO ORIENTE sei dem Verstorbenen sehr dankbar "für die lebenslange Liebe, die unermüdliche Arbeit und das beeindruckende Zeugnis als Jünger und - wie er wohl gesagt hätte - Freund Christi".
P. Nikolaus sei in seiner Zeit als Mönch und späterer Prior von Chevetogne, als Abt der Dormitio-Abtei in Jerusalem, und auch nach seiner Rückkehr nach Chevetogne, ein herausragender Pionier der ökumenischen Bewegung gewesen. Abt Nikolaus habe seinen Dienst immer als Dienst an Frieden und Versöhnung - in der Kirche, zwischen den Kirchen und darüber hinaus - verstanden. In diesem Sinne sei die Dormitio-Abtei in Jerusalem in seiner Zeit als dortiger Abt ein Ort des inoffiziellen Dialogs zwischen den Konfliktparteien im Heiligen Land geworden und gewesen.
Neben seiner ökumenischen Berufung habe sich Abt Nikolaus auch stark für die Erneuerung der Liturgie eingesetzt, heißt es in dem Kondolenzschreiben würdigend. Er wollte, dass insbesondere das Stundengebet mehr als bisher zu einem gemeinsamen Gebet von Mönchen, Nonnen und Laien wird. So habe er ab Beginn der 2.000er Jahre gemeinsam mit P. Stephan Vorwerk eine neue benediktinische Cella auf der Insel Reichenau im Bodensee gegründet, mit der Idee, dass das ganze Volk Gottes eingeladen ist, gemeinsam mit den Mönchen zu beten, zu singen und den Herrn zu loben. Nicht zuletzt sei es auch das Verdienst von P. Nikolaus, dass die Insel Reichenau wie schon nach der Gründung des ursprünglichen Benediktiner-Klosters dort durch den Hl. Pirmin im Jahr 724 wieder zu einem Ort der geistlichen Erneuerung wurde.