Tirol: Orthodoxe wollen zu lebendigem Christentum beitragen
PRO ORIENTE-Magazin stellt in aktueller Ausgabe antiochenisch-orthodoxe Gemeinde in Tirol vor

Auch in Tirol ist die Orthodoxe Kirche längst ein wichtiger Bestandteil eines vielfältigen und bunten Christentums geworden. Unter den verschiedenen orthodoxen Gemeinden ist eine allerdings nur wenig bekannt: Die antiochenisch-orthodoxe St. Georgios-Gemeinde. In der aktuellen Ausgabe des PRO ORIENTE-Magazins wird sie vorgestellt. Die Gemeinde ist derzeit als Verein organisiert. Vereinsobmann Cavit Altindagoglu berichtet über die kirchlichen Aktivitäten und betont das Anliegen der orthodoxen Christen, "dass Tirol ein Land mit einem lebendigen Christentum bleibt". Die kleine orthodoxe antiochenische Gemeinde wolle dazu ihren Beitrag leisten.
Die St. Georgios-Gemeinde hat ihr Zentrum in Hall. Sie gehört zum Patriarchat von Antiochien, das in Österreich mit nur relativ wenigen Gläubigen vertreten ist. Eine weitere (größere) Gemeinde gibt es noch in Wien (Kirchengemeinde zu den Heiligen Petrus und Paulus). 42 Familien gehören zur antiochenischen Gemeinde in Tirol, in Summe vielleicht 140 Personen. Die Gemeinde ist laut Altindadoglu bunt gemischt, die meisten Familien stammen ursprünglich aus der Türkei, andere aus Syrien oder dem Libanon. Viele sind schon seit Jahrzehnten in Österreich.
Erst Ende der 1990er Jahre ging es in Tirol aber mit eigenen Gottesdiensten der Antiochener los. Dazu kam von Zeit zu Zeit ein Priester aus Deutschland. Die Gottesdienste fanden zuerst in der Siebererschule in Innsbruck statt. Inzwischen ist die Gemeinde im Franziskanerkloster in Hall beheimatet, wo sie ihre Gottesdienste in der Klosterkapelle feiert. Da die Kirche sonst kaum genutzt wird, konnten die orthodoxen Gläubigen sie ganz nach ihren kirchlichen Traditionen einrichten. Das schenkt auch Beheimatung, so Altindadoglu: "Inzwischen können wir hier fast jeden Sonntag Gottesdienst feiern."
Auf den ersten Seelsorger - Pater Paul - folgte Erzpriester Nikola Wahbeh, der eigentlich der verantwortliche Pfarrer der Wiener Gemeinde ist. So bemüht sich die Tiroler Gemeinde um einen eigenen Priester: P. Johannes Tarboush ist seit einiger Zeit der Seelsorger der Gemeinde. Noch lebt er mit seiner Familie in Wien, will aber nach Tirol übersiedeln. Dazu brauche es eine passende Wohnung und einen Arbeitsplatz für den Priester und Programmierer. Der Pfarrer muss schließlich auch künftig einem Broterwerb nachgehen, denn die Gemeinde könnte es sich nicht leisten, den Pfarrer allein aus den Spenden zu finanzieren. "Dazu sind wir viel zu wenige", räumt Altindadoglu ein.
Dabei sind die Gemeindemitglieder durchaus großzügig und solidarisch. Als im Februar 2023 das verheerende Erdbeben die Südosttürkei (und Teile Syriens) heimsuchte, war die alte Heimat Altindadoglus - die Region Hatay - direkt betroffen, in der viele Tiroler Orthodoxe im Sommer regelmäßig ihren Urlaub verbringen. Insgesamt sollen dort mindestens 50.000 Menschen ums Leben gekommen sein. Auch die kleine, in der Region Hatay verbliebene christliche Minderheit wurde schwer getroffen. Einige Christen kamen ums Leben, Kirchen wurden teils völlig zerstört. Die antiochenische Gemeinde in Tirol hat sofort eine Spendenaktion gestartet, um den Menschen in Hatay zu helfen.
Die Gottesdienstsprache in Tirol ist zur Hälfte Arabisch, zur Hälfte Deutsch. "Früher oder später wird es aber wohl zur Gänze Deutsch sein", so Altindadoglu. Wichtiger als die Sprache sei ihm aber eine lebendige Liturgie und ein lebendiges Gemeindeleben. Gute Beziehungen gibt es laut dem Vereinsobmann zu den anderen orthodoxen Gemeinden und auch zur katholischen Kirche mit Bischof Hermann Glettler.
Für die Zukunft wünsche er sich für die Gemeinde vor allem einen besseren rechtlichen Status. Eine eigene Kirche hätte man natürlich auch gerne, so Altindadoglu.
Das Patriarchat von Antiochien, zu dem die St.-Georgios-Gemeinde gehört, ist eines der fünf großen altkirchlichen Patriarchate (neben Rom, Konstantinopel, Alexandria und Jerusalem). Die Gläubigen des Patriarchats feiern die byzantinische Liturgie (meist) in arabischer Sprache. Sie leben vor allem in Syrien und im Libanon. Es gibt auch Diaspora-Diözesen in den USA, in Lateinamerika und in Westeuropa. Der Sitz des Patriarchen - derzeit Johannes X. - befindet sich in der syrischen Hauptstadt Damaskus. Die Angaben zu den Zahlen der Gläubigen weltweit, die dem Patriarchat zuzurechnen sind, reichen von 750.000 bis 3 Mio.
Österreich gehört zur Metropolie von Deutschland und Mitteleuropa, die seit 2013 vom in Berlin residierenden Metropoliten Isaak (Barakat) geleitet wird. Die große Mehrzahl der Gemeinden befindet sich in Deutschland, je zwei gibt es in Österreich und den Niederlanden.
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