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Wien: PRO ORIENTE-Initiativen beim Ökumenischen Empfang von Kardinal Schönborn

Wiener Erzbischof lud zu Empfang, bei dem die Vielfalt synodaler Traditionen und Formen in den Kirchen deutlich wurde

POI 240131

Fotos: Erzdiözese Wien / Stephan Schönlaub

Wien, 31.01.23 (poi) Ökumenische Initiativen der Stiftung PRO ORIENTE waren einer der Schwerpunkte des diesjährigen Ökumenischen Empfangs von Kardinal Christoph Schönborn am Dienstag, 30. Jänner, im Wiener Erzbischöflichen Palais. Im Rahmen des Empfangs stellte Präsident Alfons M. Kloss die drei internationalen ökumenischen Konferenzen vor, die PRO ORIENTE im Rahmen des Synodalen Prozesses im Herbst 2022 in Rom gemeinsam mit dem Institut für Ökumenische Studien der Päpstlichen Universität St. Thomas von Aquin (Angelicum) organisiert hatte.

Mehr als 150 Expertinnen und Experten aus den orthodoxen und orientalischen Kirchen präsentierten dort synodale Theologien, praktische Erfahrungen und unterschiedliche Ausdrücke von Spiritualität in den verschiedenen Kirchen, um diese für den von Papst Franziskus initiierten Synodalen Prozess der katholischen Kirche fruchtbar zu machen. Kloss sprach von einer "beeindruckenden Lebendigkeit", die bei den Konferenzen sichtbar wurde. Die Ergebnisse der Beratungen wurden auch an die für den Synodalen Prozess zuständigen Stellen im Vatikan übergeben, außerdem wurde im vergangenen Herbst ein Tagungsband mit den Konferenzbeiträgen veröffentlicht.

Zusätzlich wurde der Film "Listening to the East" produziert, der die Vielfalt synodaler Praktiken und Strukturen im Leben der orthodoxen und orientalischen Kirchen einem breiten Publikum näherbringen soll. Der Film sei bereits in neun Sprachen übersetzt worden, so Kloss.

Viola Raheb von PRO ORIENTE stellte das Projekt "Healing of Wounded Memories" (Verletzte Erinnerungen heilen) vor. Von 9. bis 11. November 2023 fand in Wien eine erste internationale Konferenz statt, an der rund 50 Teilnehmende aus Europa, den USA und dem Nahen Osten Aspekte einer Theologie der Versöhnung reflektierten und zugleich konkrete geopolitische Konfliktfelder in der Ukraine, in Südosteuropa und im Nahen Osten in den Blick nahmen. 2024 und 2025 werden regionale Workshops in besagten Regionen stattfinden. Die Ergebnisse dieser Workshops sollen dann in einer Abschlusskonferenz in Wien 2025 oder 2026 zusammengeführt werden. Bei der Konzeption des Projekts habe man noch nicht wissen können, dass es nun in den behandelten Regionen Kriege gebe und so zu den alten Wunden immer wieder neue hinzugefügt würden, so Raheb. Umso wichtiger sei das Projekt, über das sie auch einen kurzen Film präsentierte.

Kardinal Christoph Schönborn betonte beim Empfang die Verantwortung der Kirchen, das Verbindende vor das Trennende zu stellen, sich gemeinsam für den gesellschaftlichen Zusammenhalt einzusetzen und den Menschen Hoffnung zu vermitteln. Das sei angesichts des bevorstehenden Wahljahres in Österreich von größter Bedeutung, so Schönborn. Er berichtete den Vertretern und Vertreterinnen der verschiedenen Kirchen beim Empfang zudem vom Synodalen Prozess in der Katholischen Kirche. Bisher sei es in erster Linie darum gegangen, einander zuzuhören; zuerst auf lokaler Ebene, dann in den Diözesen, auf Österreich-Ebene, auf kontinentaler Ebene und schließlich im vergangenen Herbst in Rom bei der Bischofssynode auf Weltkirche-Ebene. Die Teilnahme von mehr als 50 Frauen sei dabei eine große Bereicherung gewesen. Im Herbst 2024 werden die Beratungen in Rom fortgesetzt.

Ein großes Anliegen sei die Unterscheidung der Geister, so Schönborn weiter. Freilich brauche es letztlich für Entscheidungen auch Autorität. Der Kardinal thematisierte mehrmals diese Spannung zwischen Synodalität und Hierarchie, eine Spannung, die aber vereinbar sei, wie er sich überzeugt zeigte. Und ebenso sprach der Kardinal von der Spannung zwischen den verbindlichen kirchlichen Vorgaben und der Frage: "Welche Bewegung erwartet der Heilige Geist von uns?"

Schönborn verwies auf Papst Franziskus, der selbst immer wieder betont habe, dass die im Westen so viel diskutierten "heißen Eisen" wie der Pflichtzölibat, die Ordination von Frauen oder das Thema Homosexualität nicht an erster Stelle stünden. Das wichtigste Thema sei die Verkündigung des Evangeliums. Bei der Synode werde auch abgestimmt, so der Kardinal. Werde eine Vorlage von mindestens zwei Dritteln der Synodenteilnehmenden befürwortet, gelte sie als angenommen, habe damit freilich keinen autoritativ-verbindlichen Charakter, sondern gehe an den Papst zur weiteren Behandlung bzw. Entscheidung.

Über die Arbeit in den evangelischen Synoden berichtete die neue Präsidentin der Synode A.B. und Generalsynode A.u.H.B., Ingrid Monjencs. Sie ist die erste Frau an der Spitze der evangelisch-lutherischen Synode (A.B.) bzw. der gemeinsamen Synode von lutherischer und reformierter Kirche (A.u.H.B.) Sie verantwortete bis vor einem Jahr die Öffentlichkeitsarbeit der Evangelischen Kirchen in Europa (GEKE).

Vor dem Empfang fand in der armenisch-apostolischen Kirche in Wien-Landstraße eine ökumenische Vesper statt, der Bischof Tiran Petrosyan - er ist auch Vorsitzender des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) - vorstand. Dabei rief der rumänisch-orthodoxe Theologe Prof. Ioan Moga in seiner Predigt zur Überwindung der Trägheit in der Ökumene auf.