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Die Maronitische Kirche nimmt Frauen verstärkt in den Blick

Neues Dokument "The Vocation and Mission of Women in the Economy of God, The Life of the Church and Society" vorgestellt

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Beirut, 19.09.23 (poi) Die Maronitische Kirche will in Zukunft Frauen mehr Verantwortung in der Kirche geben und ihre Rechte stärken. Vor wenigen Tagen wurde am Sitz des maronitischen Patriarchats in Bekerke bei Beirut im Beisein des Kirchenoberhaupts Patriarch Kardinal Bechara Boutros Rai das Dokument "The Vocation and Mission of Women in the Economy of God, The Life of the Church and Society" vorgestellt, an dem zwei Jahren intensiv gearbeitet wurde.

Einige zentrale Punkte, die in dem Dokument festgehalten sind: Die Beteiligung von Frauen an der Leitung und Verwaltung der Kirche sowie ihre Einbindung in Entscheidungen soll gestärkt werden. Frauen sollen ermutigt werden, theologische Studien zu betreiben, ihre Präsenz an den kirchlichen Gerichten soll gestärkt werden. Zudem plädiert das Dokument für die Änderung von Rahmenbedingungen, die die Rechte der Frauen in den Personenstandsgesetzen der maronitischen Kirche schmälern.

Um Frauen, die sich vor einem kirchlichen Gericht zu verantworten haben, besser begleiten zu können, soll eine spezielle Stelle innerhalb des Gerichts für diesen Zweck eingerichtet werden. Zudem soll es ganz allgemein künftig mehr kirchliche Initiativen oder auch Workshops geben, die sich mit Frauenrechten und Frauenanliegen befassen. Es brauche auch eine gewisse Wiederentdeckung der eigenen östlichen Traditionen und Theologien im Zusammenhang mit dem Dienst der Frauen, heißt es in dem Dokument weiter.

Das Dokument ist auch im Zusammenhang mit dem seit 2021 laufenden Synodalen Prozesses zu sehen, der bereits regionale und kontinentale Etappen durchlaufen hat und nun im Oktober in die erste globale Versammlung in Rom mündet.

Die Vorstellung des neuen Dokuments stieß auf reges Interesse. An der Präsentation nahmen nicht nur zahlreiche Persönlichkeiten aus Kirche und Gesellschaft sowie Repräsentantinnen von Frauenorganisationen und Pfadfinder aus verschiedenen Diözesen im Libanon teil, manche der Teilnehmenden kamen auch aus den Golfstaaten, aus Syrien und Jordanien.

Prof. Mirna Abboud Mzawak, Leiterin des maronitischen Women Pastoral Office, stellte das Dokument in Bekerke vor, das die Ergebnisse zahlreicher Erhebungen, Studien und Konsultationen vor Ort zusammenfasst. Es ist in vier Themenbereiche unterteilt: anthropologische, gesellschaftliche, kirchliche und rechtliche Herausforderungen.

Die theologischen Konstanten des Dokuments beruhen laut Mzawak auf dem Wesen und der Sendung der Kirche, wie sie insbesondere in der Dogmatischen Konstitution "Lumen Gentium" des Zweiten Vatikanischen Konzils festgehalten sind. Wesentlich sei dabei, dass alle Christinnen und Christen durch die Taufe teilhaben am Leben und an den Aufgaben der Kirche sowie am königlichen Priestertum (vgl. Lumen Gentium, Nr. 10), so Mzawak.

Das neue Dokument solle deshalb auch daran erinnern, dass Frauen volle Glieder des mystischen Leibes Christi sind und dieselbe Würde haben wie alle getauften Glieder. Sie haben, so Mzawak, deshalb auch Anteil an den der Kirche anvertrauten Diensten, wozu auch die Bereiche der Leitung und Entscheidungsfindung gehören. Darüber hinaus wirft das Dokument aber auch die Frage nach der sakramentalen Weihe von Frauen auf, insbesondere im Hinblick auf die Ordination von Frauen zum Diakonat.

Die Maronitische Kirche ist mit bis zu 3,3 Millionen Gläubigen die größte orientalische katholische Ostkirche. Sie ist auch insofern eine Ausnahme, als es keine orthodoxe, von Rom getrennte, maronitische Schwesterkirche gibt. Zwischen 1,2 und 1,4 Millionen Maronitinnen und Maroniten leben im Libanon, wo die Kirche ein bedeutender gesellschaftlicher und politischer Faktor ist.

Der Patriarch der Maronitischen Kirche - derzeit Kardinal Bechara Boutros Rai - hat seinen Sitz in Bkerke nördlich von Beirut. Ein von der Synode der Maronitischen Kirche neu gewählter Patriarch muss nach seiner Wahl vom Papst bestätigt werden. Trotz der seit vielen Jahrhunderten bestehenden Bindung an Rom hat die Maronitische Kirche ihre eigene Hierarchie und eine eigene Liturgie, die wesentliche Elemente des westsyrischen Ritus beibehalten hat. Die Liturgie wird meist auf Arabisch und/oder Syrisch gefeiert. Durch die langjährige Verbundenheit mit der Kirche Roms gibt es aber auch Bezüge zum lateinischen (römisch-katholischen) Ritus. Maronitische Priester sind auch berechtigt, die Liturgie nach dem lateinischen Ritus zu feiern.