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Erster PRO ORIENTE-Jugendworkshop in Syrien

27 junge Frauen und Männer aus verschiedenen Kirchen kamen Ende Juli in Saidnaya bei Damaskus zusammen – Ein weiterer Jugend-Workshop fand im Libanon statt – Workshop-Videos ab sofort online abrufbar

POI 230808

Foto: Pro Oriente

Damaskus/Beirut/Wien, 08.08.23 (poi) Die ökumenischen Nahost-Jugendworkshops, die die Stiftung PRO ORIENTE seit 2022 gemeinsam mit der "We choose abundant life"-Gruppe durchführt, sind auch in diesem Sommer weitergeführt worden. Die jungen Menschen reflektieren dabei die politische, ökonomische, gesellschaftliche und kirchliche Situation in ihren Heimatländern und erarbeiten Zukunftsszenarien für Verbesserungen. Erstmals fand auch ein Workshop in Syrien statt. In Saidnaya bei Damaskus kamen 14 junge Männer und 13 junge Frauen zusammen, die sechs verschiedenen Kirchen angehörten: der Melkitischen, Griechisch-orthodoxen, Syrisch-katholischen, Syrisch-orthodoxen, Maronitischen und der Evangelischen Kirche.

Die besondere Situation in Syrien im Kontext von Krieg und Gewalt sowie nicht zuletzt die Lage nach dem Erdbeben vom Februar habe die Workshop-Verantwortlichen bewogen, das Programm für Syrien zu adaptieren. Das neue Konzept, das von PRO ORIENTE-Referentin Viola Raheb und P. Gabriel Hachem erarbeitet wurde, sah zusätzlich zu den bewährten Workshopthemen auch spirituell-psychologische Begleitung und Beratung vor. Dazu habe man zwei Psychotherapeutinnen und eine Mediationstrainerin engagiert, die mit den jungen Menschen arbeiteten, wie Raheb berichtete. Schwester Emilie Tannous von der "We choose abundant life"-Gruppe hat den Workshop vor Ort geleitet.

Raheb: "Alle jungen Leute haben den Krieg erlebt und überlebt. Alle haben Gewalt erlebt, viele haben ihre Städte oder Dörfer verteidigt oder halfen Verletzen und/oder intern Vertriebenen." Zu den vielen Herausforderungen, die die Jugendlichen nannten, zählten etwa die Auswirkungen der demografischen Verschiebungen in ihren Städten und Dörfer. "Viele Menschen sind nicht mehr da, geflüchtet, ausgewandert. Viele sind auch im Krieg gestorben", so Raheb. Heute sei das Leben junger Menschen in Syrien stark durch Armut und eine sehr hohe Inflation, fehlende Beschäftigungsmöglichkeiten und mangelnde Zukunftsaussichten insgesamt gekennzeichnet.

Im Blick auf ökumenische Erfahrungen könne man sagen, dass der Workshop für alle Teilnehmenden die erste Möglichkeit war, mit Christinnen und Christen aus anderen Kirchen zusammenzutreffen und etwas über die Traditionen der anderen Kirchen zu erfahren und sich auszutauschen.

In den Beiträgen des Workshops sei deutlich geworden, dass diese oft selbst auferlegte Isolation der Kirchen stark damit zusammenhänge, dass man Angst vor "Missionierung untereinander" habe. Oft würden Kirchenleitungen die Zusammenarbeit mit anderen Kirchen unterbinden. Raheb: "Es gibt einiges an Jugendarbeit in den verschiedenen Kirchen in Syrien, kaum aber Programme, in denen den jungen Christinnen und Christen ökumenische Bildung angeboten wird."

Raheb, die nicht persönlich in Syrien dabei sein konnte und online zugeschaltet war, zeigte sich dankbar, "dass wir in Syrien den ersten Workshop durchführen konnten". Die Rückmeldungen der jungen Menschen, dass sie das erste Mal die Möglichkeit hatten, das Erlebte in Worte zu fassen und durch die professionelle und spirituelle Begleitung gestärkt zu werden, "lässt uns demütig erkennen, wie wenig es braucht, um die vom Krieg gebrochenen Menschen zu unterstützen und unseren christlichen Auftrag zu erfüllen", so Raheb. Die Workshops werden in den nächsten Monaten in Syrien fortgeführt.

Leadership-Training im Libanon

Ein weiterer PRO ORIENTE-Workshop fand vom 21. bis 23. Juli im Al-Liqa'-Zentrum in Rabwah bei Beirut im Libanon statt. Der Workshop stand unter dem Titel "Ökumenische Arbeit und Leadership-Training". 23 junge Menschen aus verschiedenen Kirchen nahmen teil. Sie kamen aus der Maronitischen, Armenisch-orthodoxen, Griechisch-orthodoxen, Syrisch-katholischen, Syrisch-orthodoxen, Römisch-katholischen, Chaldäischen und Evangelischen Kirche.

Im Anschluss an ein Österreich-Treffen von Jugendlichen aus den Ländern des Nahen Ostens im Jänner 2023 hatten PRO ORIENTE und die "We choose abundant life"-Gruppe gemeinsam mit den jungen Menschen aus der Region die thematischen Schwerpunkte für weitere Workshops formuliert. Die zentralen Weiterbildungsschwerpunkte sind Ökumene, der Umgang mit Vielfalt und Diversität sowie Leadership-Training. Der Workshop im Libanon wurde entlang dieser Themen von Viola Raheb und Fr. Rouphael Zgheib geplant. Das Team vor Ort bestand aus Fr. Rouphael Zgheib, John Daniel aus Ägypten und Tania Abu Schrabiya.

Vortragende zum Thema Ökumene waren Prof. Souraya Bechealany und Pfr. Najla Kassab. In den Arbeitsgruppen wurden die wichtigsten ökumenischen Herausforderungen im Kontext des Nahen Ostens diskutiert. Dazu zählte laut den Teilnehmenden die mangelnde Solidarität sowie das Fehlen einer gemeinsamen Vision aller Kirchen vor Ort, die Nichtakzeptanz des Anderen und die Verfolgung enger konfessioneller Interessen; weiters das Fehlen von Zusammenarbeit und einer wirksamen Struktur, die die Kirchen verbindet.

Daher sei es wichtig, den Dialog zu beleben und Kontroversen zurückzustellen, um auf dem Weg der sichtbaren Einheit voranzukommen. Prof. Gabriel Hachem, Prof. Assad Kattan und Pfr. Mitri Raheb konnten durch kurze Videos Impulse zu Zukunftsperspektiven für eine lebendige Ökumene einbringen.

Der zweite Schwerpunkt des Workshops lag im Bereich Leadership-Training. Dabei ging es um das Erlernen von Softskills zum Thema wertschätzende Kommunikation und die Akzeptanz der Anderen. Für diese Einheiten wurde die Expertin und Trainerin Carla Harb Zoghby engagiert.

Von beiden Workshops wurden Videos produziert, die einen Einblick in die engagierte Arbeit vor Ort bieten. Die Videos sind online abrufbar unter: