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Experte: Ökumene zur "gemeinsamen prophetischen Zeugenschaft" weiterentwickeln

10. Dezember 2025

Dominikaner und Mitarbeiter des Dikasteriums zur Förderung der Einheit der Christen, Destivelle, legt in neuem PRO ORIENTE-Blog-Beitrag zehn Aspekte eines zeitgemäßen Ökumene-Verständnisses vor

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Wien, 10.12.2025 (poi) Für eine Weiterentwicklung der Ökumene in Richtung einer "gemeinsamen prophetischen Zeugenschaft" hat der Dominikanerpater Prof. Hyacinthe Destivelle plädiert. Destivelle ist Leiter des Instituts für Ökumenische Studien an der Päpstlichen Universität St. Thomas von Aquin in Rom und Mitarbeiter des Dikasteriums zur Förderung der Einheit der Christen. In einem aktuellen Blog-Beitrag im PRO ORIENTE-Blog "Healing of Wounded Memories" skizziert der aus Frankreich stammende Ökumene-Experte unter dem Titel "From Polite Ecumenism to Joint Prophetic Witness" zehn Aspekte eines zeitgemäßen Ökumene-Verständnisses. 

Abzulehnen sei ein bloßer "höflicher Ökumenismus", der seiner Wurzeln und auch seiner Visionen entkleidet und nur selbstreferentiell sei, so Destivelle. Beispiele für eine solcherart defizitäre Ökumene wären etwa ein Selbstverständnis von Ökumene als bloße Form "zwischenkirchlicher Diplomatie", als eine bloß akademische Übung, als christlicher Sozial-Aktivismus oder als institutionalisiert auf Dauer gestellte Dialogform, die eher die Unterschiede "feiert" als nach Gemeinsamkeiten zu suchen. 

Dagegen müsse mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) Ökumene als integraler Bestandteil eines christlichen Selbstverständnisses betrachtet werden, appellierte der Dominikaner. Orientieren könne man sich dazu etwa am "prophetischen Ökumenismus", wie er sich in Gesten gegenseitiger Wertschätzung und Anerkennung unter Kirchenvertretern zeige. Vielversprechend sei in dem Kontext auch ein "memorialer Ökumenismus", der die Geschichten verletzter Erinnerungen thematisiert und aufarbeitet. "Das Heilen dieser Erinnerungen beginnt mit einem gemeinsamen Blick auf die Geschichte", so Destivelle. 

Auch einen "hermeneutischen Ökumenismus", bei dem die gemeinsame Wahrheitssuche im Mittelpunkt steht und nicht die Suche nach Kompromissen, gelte es zu forcieren. Weitere vielversprechende Ansätze seien ein "kerygmatischer Ökumenismus", ein "synodaler Ökumenismus", ein "rezeptiver" sowie ein "pastoraler" Ökumenismus. Zudem erinnerte Destivelle an die Ökumene der Heiligen und die Ökumene der Freundschaft. "Und über all dem sollten wir ein Modell christlicher Einheit entwickeln, das das höhere Ziel nicht aus den Augen verliert: die Einheit der Menschheit und aller Geschöpfe in Christus", so Destivelle abschließend. 

Destivelle war einer der Referenten bei der jüngsten PRO ORIENTE-Konferenz "Healing Wounded Memories: The Responsibility of Churches to Heal", die vom 13. bis 16. November in Wien stattfand. Destivelle nahm an einem Panel am 15. November unter dem Titel "From Polite Ecumenism to Joint Prophetic Witness" teil. Für die Konferenz waren 70 Teilnehmende aus 25 Ländern nach Wien gekommen, darunter Geistliche und Laien sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen und Arbeitsfeldern. 

Ein Kurzfilm mit Impressionen der Konferenz ist auf dem YouTube-Kanal von PRO ORIENTE abrufbar: https://youtu.be/plQjX-wsU_o 

BLOG-Beitrag von P. Prof. Hyacinthe Destivelle unter dem Titel "From Polite Ecumenism to Joint Prophetic Witness": https://www.pro-oriente.at/blog/from-polite-ecumenism-to-joint-prophetic-witness