Pro Oriente
Die Orthodoxe Kirche / Patriarchat von Bulgarien

Patriarchat von Bulgarien

Anzahl der Gläubigenca. 7 Millionen
Titel des ErsthierarchenMetropolit von Sofia und Patriarch von Bulgarien
Sitz des ErsthierarchenSofia (Bulgarien)
Aktueller AmtsinhaberNeofit (Dimitrov), geb. 1945, im Amt seit 2013
Bischöfe und Diözesen28 Bischöfe; 15 Diözesen, davon je 1 in Westeuropa und Amerika
Ritusbyzantinisch
Liturgiesprachekirchenslawisch
KalenderMischkalender (gregorianisch/julianisch)
Präsenz in Österreichca. 100.000 Gläubige; 3 Gemeinden, 3 Priester
Präsenz in Deutschlandca. 320.000 Gläubige; 1 Bischof, Bischofssitz in Berlin; 11 Gemeinden, 10 Priester, 1 Diakon

Die Bulgarische Orthodoxe Kirche kann innerhalb der slawischsprachigen Orthodoxie die älteste Tradition für sich beanspruchen: Nach der Christianisierung 864 erlangte sie bereits im frühen 10. Jahrhundert ihre Selbstständigkeit (Erstes Bulgarisches Patriarchat: 927-1018), gewann nach einer Zwischenperiode byzantinischer Vorherrschaft erneut große Bedeutung für die Christianisierung des gesamten Balkans (Zweites Bulgarisches Patriarchat: 1235-1393), bevor die Osmanen die bulgarische Kirche wieder dem Patriarchen von Konstantinopel unterstellten. 1870 errichtete der Sultan ein bulgarisches Exarchat und verlieh der Orthodoxen Kirche in Bulgarien damit einen autonomen Status. Das Streben des bulgarischen Exarchats nach vollständiger Unabhängigkeit von Konstantinopel führte 1872 zum Schisma zwischen der bulgarischen Kirche und dem Patriarchat von Konstantinopel, das den Bulgaren „Phyletismus“ – die Organisation der Kirche nach dem Nationalitätsprinzip – vorwarf. Das Schisma wurde erst 1945 beendet, als das Ökumenische Patriarchat die Autokephalie der Bulgarischen Orthodoxen Kirche anerkannte und später auch der Wiedererrichtung des Patriarchats (Drittes Bulgarisches Patriarchat: seit 1951) zustimmte.

Während der kommunistischen Herrschaft hatte auch die Orthodoxe Kirche in Bulgarien unter Restriktionen zu leiden, wie z.B. durch den Ausschluss der Theologischen Fakultät aus der Sofioter Universität im Jahr 1950 (1991 wieder in die Universität integriert) oder die Verstaatlichung des berühmten Rila-Klosters im Jahr 1961. Die Theologische Fakultät in Sofia konnte jedoch als „Geistliche Akademie“ auch in kommunistischer Zeit weiter existieren und die Ausbildung des Klerus sichern. Zu den bekanntesten bulgarischen Theologen des 20. Jahrhunderts gehört Stefan Zankow (1881-1965), der zu den orthodoxen Pionieren der Ökumenischen Bewegung zählt und den Weg der Bulgarischen Orthodoxen Kirche in den Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK) bereitete, dem sie 1961 beitrat.

1992 kam es zu einer Spaltung innerhalb der Bulgarischen Orthodoxen Kirche, weil einige Bischöfe dem amtierenden Patriarchen Maksim (1971-2012) vorwarfen, sein Amt nur mit Hilfe der kommunistischen Herrscher erlangt zu haben. Formell wurde dieses Schisma zwar 1998 durch eine kleine panorthodoxe Synode in Sofia behoben, aber die Auseinandersetzungen zwischen dem „alternativen Synod“ und dem Patriarchat – vor allem um den Besitz von Kirchengebäuden – zogen sich noch über Jahre hin. Die internen Spannungen dürften auch der Hauptgrund für den 1998 erklärten Austritt der Bulgarischen Orthodoxen Kirche aus dem ÖRK sein. Unter Patriarch Neofit (seit 2013) hat sich die Lage der Orthodoxen Kirche in Bulgarien allmählich wieder stabilisiert.


Literatur

  • J. Lis, Die Bulgarische Orthodoxe Kirche, in: Th. Bremer / H.R. Gazer / Chr. Lange (Hg.), Die orthodoxen Kirchen der byzantinischen Tradition, Darmstadt 2013, 61-70e.
  • G. Vlantis, Die orthodoxe Kirche Bulgariens und die ökumenische Bewegung, in: Orth. Forum 27 (2013) 57-69.
  • H.-D. Döpmann, Kirche in Bulgarien von den Anfängen bis zur Gegenwart, München 2006.

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