Pro Oriente
Orientalisch-Orthodoxe Kirchen / Armenische Apostolische Kirche

Armenische Apostolische Kirche

Anzahl der Gläubigenca. 10 Millionen, davon fast zwei Drittel in der weltweiten Diaspora
Titel des ErsthierarchenOberster Patriarch und Katholikos aller Armenier
Sitz des ErsthierarchenEtschmiadzin (Armenien)
Aktueller AmtsinhaberKarekin II. (Nersissian), geb. 1951, im Amt seit 1999
Bischöfe und Diözesen72 Bischöfe; 52 Diözesen, davon 37 im Katholikat von Etschmiadzin (13 in Armenien, 24 in der Diaspora), 11 im Katholikat von Kilikien, 2 im Patriarchat von Konstantinopel, 2 im Patriarchat von Jerusalem
Ritusarmenisch
Liturgiesprachealt-armenisch (Grabar)
Kalendergregorianisch (im Patriarchat von Jerusalem und in einzelnen byzantinisch-orthodox geprägten Ländern: julianisch)
Präsenz in Österreichca. 8.000 Gläubige; 3 Gemeinden, 2 Priester
Präsenz in Deutschlandca. 70.000 Gläubige; 1 Bischof mit Sitz in Köln; 16 Gemeinden, 7 Priester, 17 Diakone

Die Armenische Apostolische Kirche wurde als erste christliche Kirche vom Staat anerkannt (im Jahr 301 von König Trdat III.). Ihre Gründung führt sie auf die Apostel Thaddäus und Bartholomäus zurück. Die Grundlage für die Entwicklung des armenischen Christentums legte Gregor „der Erleuchter“, der als erster Bischof der armenischen Kirche gilt. Im 6. Jahrhundert verurteilte die armenische Kirche, deren kirchliches Zentrum zu dieser Zeit im persischen Sassaniden-Reich lag, die Beschlüsse des Konzils von Chalcedon. Aus diesem Grund zählt die Armenische Apostolische Kirche bis heute zu den Orientalisch-Orthodoxen Kirchen.

Aufgrund wechselnder politischer Machtverhältnisse wurde der Sitz des „Katholikos“, wie der Ersthierarch der Armenischen Apostolischen Kirche genannt wird, mehrfach verlegt, u.a. in das Königreich von Kilikien (Klein-Armenien) im Südosten der heutigen Türkei. Konkurrierende Interessen der politischen Machthaber führten im 14./15. Jahrhundert zu einer Aufsplitterung der armenischen Kirchenstrukturen: 1311 errichteten die Mamluken ein armenisches Patriarchat von Jerusalem. 1441 wurde das Katholikat wieder nach Etschmiadzin verlegt, was jedoch im Katholikat von Kilikien nicht akzeptiert wurde, so dass es fortan zwei getrennte Katholikate gab. Schließlich errichtete der osmanische Sultan 1461 ein armenisches Patriarchat von Konstantinopel. Die Zuständigkeitsbereiche der verschiedenen armenischen Katholikate und Patriarchate überschnitten sich zum Teil und führten zu Konkurrenz und teilweise parallelen Kirchenstrukturen.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts führte der Völkermord am armenischen Volk auf dem Gebiet der heutigen Türkei zu einer Relativierung der innerkirchlichen Differenzen und bestärkten die Solidarität der nun vor allem in der weltweiten Diaspora lebenden Armenier. In der Sowjetrepublik Armenien vermochte Katholikos Vasken I. (1955-94) das kirchliche Leben nach dem Tod Stalins allmählich zu stabilisieren und zu erneuern. Nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 gewann die Kirche ihre führende Stellung in Armenien zurück. 1995 kam es durch die Wahl des vormaligen Katholikos Karekin von Kilikien zum Nachfolger von Vasken I. zur Wiederherstellung der vollen Kirchengemeinschaft zwischen den beiden armenischen Katholikaten. Die Armenische Apostolische Kirche spielte eine führende Rolle bei der Öffnung der Orientalisch-Orthodoxen Kirchen für das ökumenische Gespräch.


Literatur:

  • H. Harutyunyan, Armenische Kulturvereine und Kirchengemeinden in Deutschland, in: Orthodoxie in Deutschland, hg. v. Th. Bremer, A.E. Kattan und R. Thöle, Münster 2016, 251-273.
  • S. Isakhanyan, Armenisch-Apostolische Orthodoxe Kirche, Yerevan 2012.
  • M.K. Krikorian, Die Armenische Kirche, Frankfurt a.M. ²2007.
  • M. Tamcke (Hg.), „Dich, Ararat, vergesse ich nie!“ Neue Beiträge zum Schicksal Armeniens und der Armenier, Berlin 2006.
  • Karekin I. – Katholikos aller Armenier, Herausforderung zur Erneuerung. Für ein neues Zeitalter in der Armenischen Kirche, Köln 1998.
  • F. Heyer (Hg.), Die Kirche Armeniens, Stuttgart 1978.

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