"Healing of Wounded Memories": Abschlusskonferenz endete mit Appel zu stärkerer Vernetzung und Zusammenarbeit
18. November 2025
70 Teilnehmende aus 25 Ländern kamen zur Abschlusskonferenz des PRO ORIENTE-Projekts "Healing of Wounded Memories: The Responsibility of Churches to Heal" nach Wien
Wien, 18.11.2025 (poi) Mit einem Appell zu einer stärkeren Vernetzung und intensiveren lokalen, regionalen und internationalen Zusammenarbeit zwischen den Kirchen sowie den gesellschaftlich-politischen Akteuren endete am Wochenende eine große internationale Konferenz in Wien. Die Tagung unter dem Titel "Healing of Wounded Memories: The Responsibility of Churches to Heal" bildete zugleich den Abschluss des gleichnamigen, von PRO ORIENTE ins Leben gerufenen dreijährigen Projekts.
Für die Konferenz waren insgesamt 70 Teilnehmende aus 25 Ländern nach Wien gekommen, darunter Geistliche und Laien sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen und Arbeitsfeldern. Diese kamen mehrheitlich aus Südosteuropa, dem Nahen Osten und Osteuropa - den drei Schwerpunktregionen des Projektes, in denen die ökumenischen Beziehungen zwischen katholischen und orthodoxen Kirchen eine besondere Rolle für den gesellschaftlichen Zusammenhalt spielen. Zusätzlich wurden für das Thema der Konferenz ausgewiesene internationale Expertinnen und Experten nach Wien eingeladen.
Sowohl die Verbindung als auch das Spannungsfeld zwischen konkreten Herausforderungen und theologischen Grundsatzfragen wurden bei der Konferenz immer wieder thematisiert. Im Vordergrund standen Fragen von Trauma und Spiritualität, die Beziehungen zwischen kirchlicher Leitung und den Gläubigen in den Gemeinden sowie die Involvierung von kirchlichen Institutionen und Persönlichkeiten bei der Verbreitung von Feindbildern. Ebenfalls wurde die Notwendigkeit der gemeinsamen Arbeit an einer - sowohl innerkirchlich als auch medial verwendeten – gewaltfreien und respektvollen Sprache betont. Zwei Podien mit Vertreterinnen und Vertretern unterschiedlicher kirchlicher Zugehörigkeit wie auch ökumenischer Institutionen nahmen die Frage nach aktuellen Grenzen und Möglichkeiten der Gespräche und der Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Kirchen auf.
Dialog nicht losgelöst von Unrechtserfahrungen
Der Dialog zwischen den Teilnehmenden sowie persönliche Zeugnisse von Kriegs- und Unterdrückungserfahrungen aus den drei Regionen machten deutlich, dass theologischer wie kirchlicher Austausch nicht losgelöst von diesen – aktuellen oder historischen – Unrechtserfahrungen zu fruchtbaren Ergebnissen kommen kann.
PRO ORIENTE-Präsident Clemens Koja betonte am Ende der Konferenz: "Im Verlauf des gesamten Projekts wurde immer deutlicher, dass eine Fokussierung auf verwundete Erinnerungen allein nicht ausreicht, da in den Regionen auch gegenwärtig neue Wunden entstehen. Diese Erkenntnis hat uns vor Augen geführt, wie wichtig es ist, flexibel auf aktuelle Entwicklungen zu reagieren und die vor Ort identifizierten Themen aufzugreifen – eine Aufgabe, die uns auch künftig begleiten wird."
Im Rahmen der Konferenz fand in Kooperation mit der Diplomatischen Akademie Wien ebenda eine öffentliche Podiumsdiskussion statt. Diese widmete sich der Frage danach, welche möglichen konstruktiven Beiträge Religion in der Bewältigung und Transformation von Kriegen und gesellschaftlichen Konflikten haben kann. Bei dem Panel waren Expertinnen und Experten aus den drei Schwerpunktregionen vertreten, die ihre jeweiligen kontextuellen Perspektiven und Erfahrungen sowohl untereinander als auch mit dem Publikum diskutierten.
Da die Konferenz in Wien stattfand, wurden am ersten Abend Vertreter der orthodoxen und katholischen Bischofskonferenzen von Österreich eingeladen, die Einblicke in die ökumenische Zusammenarbeit auf lokaler Ebene präsentierten.
Lokale Initiativen kamen zu Wort
Die Projektkoordinatorin von PRO ORIENTE, Viola Raheb, die gemeinsam mit Prof. Regina Elsner aus der orthodox-katholischen Dialogkommission der Stiftung für das Projekt verantwortlich war, betonte, "dass es schon in der Konzeption der Konferenz wichtig war, funktionierende gute lokale Initiativen aus den Regionen zu Wort kommen zu lassen, die konkrete Beiträge zur Überwindung von Vorurteilen und von Gewalt sowie zur Förderung von Begegnung und Frieden leisten".
Zum Abschluss zeigte sie sich sehr dankbar für das Vertrauen, das PRO ORIENTE von den Teilnehmenden entgegengebracht wurde. Sie unterstrich die Wichtigkeit der Zurverfügungstellung eines sicheren Raumes, in dem dieser Austausch stattfinden konnte. "Dies betrifft vor allem diejenigen, die ein hohes Risiko eingegangen sind, dabei zu sein und bis nach Wien zu reisen. Ihnen allen gilt unsere aufrichtige Anerkennung und unser Dank."
Ein Tenor, der sich durch die gemeinsamen Tage zog, war die immer wieder gestellte Frage nach der Notwendigkeit der Vernetzung, nach stärkerer lokaler, regionaler und internationaler Zusammenarbeit sowie nach dem Erfahrungsaustausch innerhalb der Kirchen, zwischen den Kirchen sowie auch zwischen Kirchen und gesellschaftlich-politischen Akteuren.
Elsner: Vom Mut der Menschen für Ökumene lernen
Das Projekt "Verletzte Erinnerungen heilen" war von der orthodox-katholischen Dialogkommission von PRO ORIENTE initiiert worden. Nach einer Auftaktkonferenz im November 2023 in Wien wurden zwischen Frühjahr 2024 und Frühjahr 2025 bei Workshops in den drei Schwerpunktregionen Südosteuropa, Naher Osten und Osteuropa zentrale Themen und Herausforderungen für die Kirchen bearbeitet, die den inhaltlichen Leitfaden der Abschlusskonferenz bildeten.
Die Sprecherin der Kommissions-Arbeitsgruppe "Verletzte Erinnerungen heilen", Prof. Regina Elsner, betonte zum Abschluss der Tagung: "Diese Konferenz hat - wie das gesamte Projekt - gezeigt, dass alle ökumenischen Verständigungsprozesse die Realitäten der Menschen vor Ort im Blick haben müssen, damit ihre Ergebnisse in dieser Realität wirksam werden können." Es sei nicht möglich, ökumenische Einigungen ohne eine Transformation der konkreten Unrechtsstrukturen zu erreichen, für die die Kirchen nicht selten mitverantwortlich seien - aktiv oder durch Schweigen. "Vom Mut und der Initiative der Teilnehmenden aus akuten Kriegsgebieten können Kirchenleitungen und ökumenische Akteure viel lernen", so Elsner.
Am Ende der Konferenz dankte Präsident Koja allen Teilnehmenden für die aktive Mitwirkung und sagte ihnen zu, dass PRO ORIENTE den eingeschlagenen Weg auch in den kommenden Jahren weitergehen werde. "Solidarität ist für uns keine Projekt-, sondern eine Partnerschaftsarbeit", so Koja.
Weitere Informationen zum Projekt "Verletzte Erinnerungen heilen" sind abrufbar unter: https://www.pro-oriente.at/projekte/healing-of-wounded-memories